Die Erdarbeiten für den Erweiterungsbau des Kreishauses am Sande werden seit 2 Wochen baubegleitend archäologisch untersucht. Dabei konnten bereits interessante Aufschlüsse zum Befestigungsbau der Schwedenzeit (1645-1712) sowie zum Kasernenbau im Jahre 1736 gewonnen werden. Daneben konnten im Nordosten des Baugebietes, nahe der heutigen Einfahrt zur Tiefgarage vermutlich auch noch Reste eines Hauses des 16./17.Jhs. entdeckt werden. Die hier aufgefundenen Findlingsfundamente gehören zu einem größeren Gebäude und stehen vermutlich in Verbindung mit kurz zuvor entdeckten Backsteinmauern und einem alten Fußboden, der aus einer Backsteinpflasterung bestand. Vieles deutet darauf hin, dass dieses Gebäude bereits dem Stadtbrand von 1659 zum Opfer fiel. Dieses Gebäude könnte somit noch in die Zeit des ehemaligen Marienklosters gehören, das einst auf dem Sande nahe der alten Burgmauer stand. Überreste des Marienklosters wurden bereits in den 1960er Jahren im Bereich des Gerichtgebäudes ausgegraben.
Besonders für Aufsehen sorgt jedoch der Fund eines unterirdischen schmalen Gewölbeganges, der knapp 3 m unter heutiger Geländeoberkante durch die tiefgreifenden Baggerarbeiten zum Vorschein kam und von West nach Ost, also annähernd parallel zur heutigen Straße, dem Salztorswall verläuft.
Das Gewölbe ist aus Backsteinen gemauert, ist ca. 1,10 m hoch und hat eine Innenbreite von 75 – 80 cm. Als Bauzeit wird aufgrund des Backsteinformates und des Befundzusammenhanges das 17. oder 18.Jh. angenommen. Dieser schmale Gang führt wahrscheinlich direkt zum sogenannten „Fuchsloch“ ein ebenfalls gemauerter Tunnel, der quer durch den Befestigungswall führt und dessen Ausgang am Pratjeweg schon lange bekannt ist. Das Fuchsloch wurde wohl einst als Poterne angelegt, was in der Festungsbaukunst einen unterirdischen und überwölbten Gang, der quer durch die Krone des Hauptwalles hindurchführt, bedeutet und den Zweck hatte, vor etwaigen Belagerern unbemerkt zu fliehen. Inwieweit der jetzt aufgefundene Gang dann später vielleicht auch als Abwasserleitung genutzt wurde – wie es in eingen Plänen des 18. Jhs. verzeichnet ist, ist umstritten bzw. bisher nicht genau geklärt. Der Tunnel ist auf jeden Fall begehbar. Angestrebt wird, ihn vor seiner Teilzerstörung durch die jetztige Baumaßnahme noch kurzfristig weitergehend zu untersuchen, vermutlich mit einer eingelassenen Kamera.
Der jetzt entdeckte schmale Tunnel liegt direkt an einem kleinen Erdwall, der u.a. aus einer Kleiaufschüttung besteht, die ebenfalls bei den Baumaßnahmen dokumentiert werden konnte und in alten Bezeichnungen des 19. Jhs. als „Vossebrai beim Reithause“ (Faussebraye = niedriges Erdwerk vorm Hauptwall) bezeichnet wird. Die mächtigen Backsteinmauern des 1820 erbauten Reithauses wurden ebenfalls dokumentiert. Daneben wurden die Fundamente der 1736 erbauten Kasernengebäude aufgedeckt. Die Baugeschichte des Geländes lässt sich zukünftig auch gut an einem fotografisch dokumentierten Profilschnitt ablesen.
Bauschutt und Brandspuren verweisen immer wieder auf den Brand des Jahres 1712 – der dänischen Belagerung Stades – wobei es den Anschein hat, dass das Material auch von woanders her herangeschafft wurde, um das Gelände künstlich aufzuschütten bzw. zu erhöhen.
Silbermünzen, Bierkrüge, Tabakspfeifen – schon damals ließen es sich Schiffer, Fährleute und Passagiere in einem Fährkrug bei Blumenthal direkt an der Oste, einem Nebenfluss der Unterelbe, gut gehen. Das haben Ausgrabungen von Archäologen der Universität Kiel unter Leitung von Dr. Donat Wehner in Kooperation mit der Stader Kreisarchäologie ergeben. Die Forscher stießen auch auf Überreste des Gasthauses und seiner Einrichtung.
Aus historischen Karten war bekannt, dass dieses Gasthaus mindestens von 1768 bis 1874 bestanden hat. Dies war die Blütezeit des Schiffsverkehrs auf der Oste, auf der insbesondere Torf, Getreide, Ziegel und Kohle transportiert wurden.
Diese wichtige Anlaufstation für Schiffer und Reisende lag über Jahrhunderte auf einer heute wüsten, unscheinbaren Wurt direkt am Ostedeich bei Blumenthal. Hier an der „Krughörne“ befand sich eine Anlegestelle für die Schiffe, eine Fähre über den Fluss nach Hechthausen und Reisende bekamen ein Obdach für die Nacht.
Die Grabungen zeigten nun, dass sich an diesem Platz mindestens seit dem ausgehenden Mittelalter ein Krug befunden hat. Allerdings wurde das Haus im Laufe der Jahrhunderte immer wieder von Katastrophen heimgesucht: Deichbrüche und Brände haben im Boden zahlreiche Spuren hinterlassen. Jedoch wurde der Krug immer wieder neu aufgebaut, bis er gegen Ende des 19. Jahrhunderts endgültig aufgegeben wurde. Durch neue Brücken und Chausseen sowie die Eisenbahn verlief der Verkehr nun auf anderen Trassen und Reisende kamen dadurch nur noch selten vorbei.
In der drei Wochen andauernden Grabungskampagne wurden Hunderte Funde gemacht, die den Alltag in einem Rasthaus illustrieren: Koch- und Trinkgefäße aus Keramik, Besteck und Tierknochen sowie Münzen aus Silber und Kupfer. Überraschend war die hohe Zahl importierter Ware, die man zu dieser Zeit eher in herrschaftlichen oder bürgerlichen Haushalten erwarten dürfte. Hierzu gehört beispielsweise Porzellan aus der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin, Fayencen und Steingut. Möglicherweise Luxusgegenstände, die den Kapitänen vorbehalten blieben. Zu einem Wirtshaus gehört der Konsum von Genussmitteln. Davon zeugen die zahlreichen gefundenen Tabakpfeifen, die meist in den Niederlanden hergestellt wurden, sowie frühe Kaffeeservice und Trinkgefäße, aus denen Bier oder Wein gereicht wurde.
Kürzlich sind zwei Publikationen zur niedersächsischen Archäologie mit Beiträgen des Kreisarchäologen erschienen.
In Heft 18 von Archäologie in Niedersachsen stellt Daniel Nösler in seinem Aufsatz Dunkle Geschichte am Elbstrand. Relikte der "Operation Gomorrha" die Funde und historischen Hintergründe zum Trümmerstrand an der Elbe bei Borstel vor.
Die wichtigsten niedersächsischen Ausgrabungen und Funde werden regelmäßig in der Fundchronik im Beiheft der Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte publiziert. Die Kreisarchäologie hat für das Jahr 2013 21 interessante Beiträge von A wie Apensen bis W wie Wohlerst beigesteuert. Sie umfassen zeitlich den Rahmen von der Mittelsteinzeit bis zur Gegenwart.
Alexander Benn meldete der Kreisarchäologie ein bronzenes Tüllenbeil, das die Mutter seines ehemaligen Nachbarn vor Jahrzehnten bei der Ernte auf einem Kartoffelroder gefunden hatte. Der Fundplatz bei Agathenburg konnte anhand eines Luftbildes lokalisiert werden und liegt auf einer leichten Geländekuppe, die ehemals an drei Seiten von Mooren umgeben war.
Das sehr gut erhaltene Exemplar ist den „Tüllenbeilen mit glockenförmig abgesetzten Breitseiten ohne Rippen unterhalb des Mündungswulstes und mit Öse, Variante Plaggenburg“ nach Laux (2005, 40 ff.) zuzuordnen. Die Oberfläche zeigt kaum Korrosion wie es heute bei archäologischen Bronzefunden durch chemische Einflüsse von Düngung und Bodenversauerung leider häufig der Fall ist. Das Stück ist 7 cm lang und an der Schneide 4,9 cm breit. Die Gussnaht ist an den Schmalseiten gut zu erkennen. Auf der Oberfläche finden sich zahlreiche Schleifspuren, die wahrscheinlich von der Überarbeitung des Beiles nach dem Guß zeugen.
Mit dem nun gemeldeten Objekt wurde zum ersten Mal ein Beil dieser Form im östlichen Elbe-Weser-Dreieck gefunden. Der Verbreitungsschwerpunkt vergleichbarer Beile liegt in Niedersachsen zwischen Weser und Ems. Datiert wird dieser Typ in die Perioden V und VI der nordischen Bronzezeit (950-550 vor Christus). Mit dem neuen Fund sind nun acht jungbronzezeitliche Tüllenbeile aus dem Gebiet des Landkreises Stade bekannt, deren Vorkommen interessanterweise einen Schwerpunkt an der Geestkante zwischen Agathenburg und Horneburg bildet. Hier sind allein fünf Exemplare zu verzeichnen. Hinzu kommt ein Altfund aus der Elbmarsch bei Estebrügge.
Übrigens: In der archäologischen Dauerausstellung können Sie sich in der Bronzezeitabteilung die verschiedenen Formen bronzezeitlicher Beile ansehen. Sie zeugen nicht nur von der hochentwickelten Handwerkskunst der damaligen Zeit, sondern belegen vielfach überregionale Handelsnetzwerke.
Schon vor 3.000 bis 2.500 Jahren war der Raum zwischen Harsefeld und dem Urwald „Braken“ ein begehrtes Wohngebiet. Archäologen der Grabungsfirma ArchaeoFirm, die im Auftrag des Landkreises Stade ein künftiges Baugebiet untersuchen, haben hier Spuren einer Siedlung der Bronze- und Eisenzeit gefunden.
Unter Leitung der Archäologin Freia Tröger hat das Forscherteam auf einer Fläche von rund 4,5 Hektar spannende Entdeckungen gemacht. Es handelt sich damit um die flächenmäßig größte Ausgrabung, die jemals im Landkreis Stade durchgeführt worden ist.
Die meisten Befunde stammen von einer Siedlung der jüngeren Bronzezeit und älteren Eisenzeit (1.000-500 v. Chr.). Zu dieser Zeit hat hier über längere Zeit ein größeres Dorf bestanden. Dokumentiert wurden eine Vielzahl von Brunnen, Zisternen, Gruben, Pfosten und Feuerstellen, die z.T. außergewöhnlich viel und sehr gut erhaltene Keramik erbracht haben. Darunter auch solche Formen, die bislang in unserem Raum noch nicht gefunden worden sind. Herausragend ist ein Stempel aus Keramik. Solche Stücke gibt es bislang aus dieser Zeit in Norddeutschland noch überhaupt nicht. Möglicherweise ist dieses Stück ein Beleg für Kontakte nach Süddeutschland oder in den Balkanraum.
Weiterhin wurden Hinterlassenschaften (darunter eine Fibel) aus der Kaiserzeit (100-200 nach Christus) aufgedeckt, die als Siedlung zu dem berühmten langobardischen Gräberfeld in der Ortsmitte gedeutet werden kann.
Eine Schmuckstück aus dem 5. Jahrhundert zeigt eindrucksvoll die Auswirkungen der Völkerwanderungszeit. Sachsen, auch aus dem Stader Raum, waren nach dem Zerfall des Römischen Reiches maßgeblich an der Besiedlung Englands beteiligt. Sie bildeten dort angelsächsische Königreiche. Daher findet man genau identische Fibeln auch auf der britischen Insel.
Dass bei Harsefeld schon vor über 5.000 Jahren von Menschen lebten, beweist ein jungsteinzeitliches Beil aus Feuerstein.
Einen ersten publizierten Vorbericht über die Grabungsergebnisse finden Sie hier.
Bei Erschließungsarbeiten für ein Wohngebiet in Groß Fredenbeck wurden in den 1990er Jahren Teile einer Siedlung der Völkerwanderungszeit dokumentiert. Von den damals geborgenen Funden ist insbesondere die in einem völkerwanderungszeitlichen Brunnen geborgene hölzerne Leiter hervorzuheben, die Sie hier in der Ausstellung bewundern können. Im Vorfeld eines weiteren Neubaugebietes wurden bei einer von ArchaeoFirm durchgeführten Ausgrabung erneut über 400 Befunde aufgedeckt. 330 davon sind Pfostengruben, die sich zu mehreren Langhäusern rekonstruieren lassen. Neben den Langhäusern sind auch vier Grubenhäuser und ein kleinerer Hausgrundriss mit umlaufendem Wandgräbchen nachgewiesen.
Ein 3,20 m durchmessender, im Profil trichterförmiger, über 2,00 m tiefer Brunnen stellte die Wasserversorgung der Siedlung sicher. Aus der Brunnenverfüllung konnte ein halber Mühlstein geborgen werden, aus einer Grube kamen weitere Mühlsteine zutage. Neben Gräbchen, flachen Brandgruben und teils sehr keramikhaltigen Abfallgruben wurden auch zwei Gruben dokumentiert, die möglicherweise als Steinlager zur Mühlsteinherstellung genutzt wurden.
Das umfangreiche Keramikinventar weist auf eine Besiedlung von der Römischen Kaiserzeit bis zur Völkerwanderungszeit hin. Bei Detektorbegehungen fanden sich u.a. zwei völkerwanderungszeitliche Fibeln, ein Armringfragment und ein Bleispinnwirtel.
In der Nordhälfte ziehen neuzeitliche Wegespuren von Südwesten nach Nordosten über die Grabungsfläche und überlagern oder stören die älteren Befunde. Sie gehören zu einer älteren Wegeverbindung, die in Richtung Stade geführt hat und von der sich eindrucksvolle Hohlwegspuren an einer ehemaligen Furt über den Deinster Mühlenbach erhalten haben.