Ausgrabung Aktuell

Der Archäo-Blog für die Region rund um Stade. Hier erfahren Sie stets, was es für Neuigkeiten rund um das Thema Archäologie gibt. Stadt- und Kreisarchäologie berichten gemeinsam mit dem Museum über neue Forschungen, Funde und aktuelle Ausgrabungen.

Forschung, Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit Römische Kaiserzeit | Daniel Nösler | 30.12.2017 Landkreis Stade

Vortrag: Von der Elbe nach England – Die Sachsen des frühen Mittelalters

Die im 3./4. Jahrhundert in den antiken Quellen auftauchenden Sachsen haben nichts mit dem heutigen gleichnamigen Bundesland zu tun, ihr Ursprung liegt vielmehr im nördlichen Niedersachsen und im westlichen Schleswig-Holstein. Zur Geschichte und Kultur dieses Stammes liefern die historischen Aufzeichnungen nur sehr spärliche Erkenntnisse. Die Sachsen waren für das Römische Imperium offenbar eine ständige Bedrohung: Sie operierten häufig als Seeräuber auf der Nordsee und suchten mit Plünderungszügen die Küsten Galliens und Britanniens heim. Daneben verdingten sie sich in der Spätantike in größerer Zahl als Söldner im römischen Militär.

In den letzten Jahrzehnten wurden insbesondere im Elbe-Weser-Gebiet zahlreiche Ausgrabungen durchgeführt, die entscheidende Hinweise zur Lebens- und Wirtschaftsweise sowie zur Sozialstruktur und Alltagskultur der Sachsen erbracht haben. Im Landkreis Stade sind die Forschungen auf einem der größten sächsischen Bestattungsplätze in Issendorf sowie das Gräberfeld Immenbeck hervorzuheben. In Issendorf wurden mehr als 6.000 Verstorbene beigesetzt, denen teilweise sehr wertvolle Objekte beigegeben wurden. Bemerkenswert sind hier neben den Waffen, Perlen und Schmuckstücken aus Edelmetall besonders die importierten Glasgefäße. Zu den Siedlungen wurde speziell in der Elbmarsch intensiv geforscht.

Während der Völkerwanderungszeit nutzten die Sachsen, die als Söldner oder Piraten die reichen römischen Provinzen kennen gelernt hatten, nun geschickt die Schwäche des Römischen Reiches aus. Als im Jahr 410 die meisten römischen Truppen die britische Insel verlassen hatten, kam es zu einem stetig wachsenden Zuzug von Sachsen. Sie eroberten insbesondere den Südteil des heutigen England. Dort wurden sächsische Königreiche gegründet, die Essex = Ostsachsen, Wessex = Westsachsen oder Sussex = Südsachsen genannt wurden. Auch die archäologischen Funde und Ortsnamen bezeugen die engen Verbindungen zwischen dem Elbe-Weser-Gebiet und England. Außerdem bestehen sehr große Übereinstimmungen im Erbgut der Menschen aus Ostengland und dem nördlichen Niedersachsen.

Der Kreisarchäologe Daniel Nösler wird über diese frühe Geschichte der Sachsen im Rahmen der Stammtischvorträge des Stader Geschichts- und Heimatvereins berichten. Der Vortrag findet am 4.01.2018, 17:00 Uhr, im Stader Inselrestaurant statt. Der Eintritt ist frei.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 01.12.2017 Landkreis Stade

Erneute Grabungen an der Krughörne bei Blumental

Im Oktober 2017 haben Archäologen des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Kiel unter der Leitung von Janna Kordowski eine weitere Grabungskampagne am historischen Krugstandort an der Oste durchgeführt. Die im Jahr 2015 erfolgte erste Ausgrabung hatte bereits wertvolle Einblicke in die Kulturgeschichte dieser wichtigen Anlaufstation für Schiffer und Reisende erbracht (Siehe den entsprechenden Blogbeitrag weiter unten). Die aktuellen Untersuchungen sollten die genaue Lage des Gebäudes und den Aufbau des unmittelbar angrenzenden Deiches klären helfen.

Die Grabungen erbrachten interessante Einblicke in den Aufbau der Wurt, die in den letzten Jahrhunderten trotz des bestehenden Deiches immer wieder erhöht worden ist. Daneben wurde ein mit Ziegelsteinen gepflasterter Weg entdeckt, der möglicherweise über den Deich zur nahen Anlegestelle führte.

Wie schon 2015 wurden wiederum zahlreiche Funde, wie Koch- und Trinkgefäße aus Keramik, gemacht, die den Alltag in einem Rasthaus illustrieren. Die Forschungen sollen in den kommenden Jahren als Promotionsprojekt an der Universität Kiel fortgesetzt werden. Auch aus denkmalpflegerischen Gründen ist die archäologische Dokumentation des Platzes geboten, denn der Wellenschlag der unmittelbar angrenzenden Pütte führt zu einer ständig fortschreitenden Erosion des Bodendenkmals.

Ausgrabung | Zeitstufen: Bronzezeit Vorrömische Eisenzeit Jungsteinzeit Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 25.11.2017 Landkreis Stade

Spuren aus mehr als 5.500 Jahren - Grabungen im Baugebiet Blumenthal abgeschlossen

Ab dem nächsten Jahr wird Horneburg um ein 22,5 ha großes Neubaugebiet "Blumenthal" weiter wachsen. Die Erschließung und Vermarktung wird durch die Kreissparkasse Stade übernommen. Da im Bereich des geplanten Vorhabens zwei Bodendenkmale vorhanden sind, führte die Kreisarchäologie im April 2017 umfangreiche Sondagen durch, um die Ausdehnung und Erhaltung der archäologischen Relikte zu klären. Daneben wurden die Flächen durch unseren ehrenamtlichen Mitarbeiter Torben Schuback intensiv mit dem Metalldetektor begangen. Er fand dabei ein Grifffragment eines älterbronzezeitlichen Bronzeschwertes, ein großes Papstsiegel, zahllose Münzen, mittelalterliche Siegelstempel und vieles mehr.

Als Ergebnis wurden in fünf Bereichen auf fast 2 ha Größe Befunde festgestellt, die von Juni bis November 2017 durch ein Team der Grabungsfirma ArchaeoFirm ausgegraben wurden. Als Ergebnis besonders hervorzuheben sind die Überreste von mindestens zwei Megalithgräbern. Die Grabmonumente haben sich auf der höchsten Erhebung mit Blick auf das Elbe- und Auetal befunden und waren von zahllosen Feuerstellen flankiert, die auf einen bronzezeitlichen Kultplatz hindeuten dürften.

Etwa 2.100 - 2.500 Jahre alt sind die Spuren eines eisenzeitlichen Dorfes, von dem gut erhaltene Hausgrundrisse, Herdstellen, Gruben, Reste von Öfen und Pfostengruben dokumentiert wurden. Gefunden wurden große Mengen an Keramik sowie Feuersteingeräte, Mahlsteine, Spinnwirtel, botanische Reste und ein Keramikstempel.

Am 29.11.2017, 19:00 Uhr, wird Kreisarchäologe Daniel Nösler auf der Sitzung des Kulturausschusses des Flecken Horneburg in einem Vortrag die ersten Ergebnisse vorstellen. Die Sitzung ist öffentlich.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Bernd Habermann | 23.10.2017 Landkreis Stade

Das Ding vom Hof

Merkwürdigkeiten erregen Aufmerksamkeit. So auch ein Bronzeobjekt, das während einer Grabung in der Kirchenstraße im nassmoorigen Untergrund in der Altstadt von Buxtehude gefunden wurde.

Der an einer Seite spitz zulaufende und an der anderen Seite gerade abschließende, schiffförmige Metallkörper besteht aus etwa 0,5 bis 0,8 mm dünner Bronze, misst 6,4 cm in der Länge, wird am Ende 2,6 cm breit und ist 0,8 cm hoch. Er ist massiv gegossen und sonst unverziert. Das Stück ist innen hohl und hat am breiten, gerade abschließenden Ende eine bewegliche, seitlich zu öffnende Klappe. Sie wird gehalten durch Scharnierstifte zwischen Ober- und Unterseite, ist also ähnlich einer seitlich angeschlagenen Tür zu öffnen. Geschlossen gehalten wird sie durch eine Nase und eine Rast auf der gegenüberliegenden Seite.

Nahe der Spitze steckt in der Oberseite ein Stift mit einem runden schildartigen oberen Abschluss und einer Lochung in seiner Mitte. Das Schild steht (jetzt?) leicht schräg zur Längsrichtung. Eine Verdickung am Stiftfuß verhindert, dass der Stift weiter in den Bronzekörper hineinrutschen kann. Ein weiteres Loch befindet sich kurz vor dem hinteren Ende, möglicherweise hat hier ein weiterer Stift gesessen.

Aufgrund der stratigraphischen Fundlage und der umgebenden Keramik datiert es in die Zeit kurz vor bzw. um 1500. Zwar erinnert die Form an ein Bügeleisen, doch die Kleinheit schließt diese Funktion eher aus, zumal diese Form im Datierungszeitraum nicht üblich war. Eine Idee, was es gewesen sein könnte oder wozu es gebraucht wurde, gibt es derzeit nicht.

Anregungen und Hinweise werden gern entgegengenommen: b.habermann@stadt.buxtehude.de.
Forschung, Ausgrabung | Zeitstufen: Altsteinzeit / Mittelsteinzeit Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit Römische Kaiserzeit Jungsteinzeit Vorrömische Eisenzeit Bronzezeit | Daniel Nösler | 23.07.2017 Landkreis Stade

Neuerscheinungen zur Archäologie des Landkreises Stade

In zwei Publikationen zur niedersächsischen Archäologie sind wiederum zahlreiche Beiträge zur Archäologie des Landkreises Stade erschienen.
Im Heft 20 von Archäologie in Niedersachsen mit dem Schwerpunktthema "Methoden des Suchens und Findens" sind folgende Artikel enthalten:

Dietrich Alsdorf, "Vermittels eines Sucheisens sehr wohl zu finden". Frühe Grabungsmethoden auf der Stader Geest des 18. Jahrhunderts.

Daniel Nösler, Vom Moor verschlungen. Die Erforschung einer prähistorischen Gräberlandschaft bei Hammah.

Andrea Finck und Andreas Schäfer, Eisenzeitliche Urnen im Neubaugebiet "Heidesiedlung" in Stade-Riensförde.

Donat Wehner, Schenke im Schlick. Die Ausgrabungen an der Krughörne bei Blumenthal im Landkreis Stade.

A. Hüser, St. Wolters, I. Laroque-Tobler, S. Mahlstedt und D. Enters, Von Sedimenten, Zuckmühlen, Pollen und kleinen Steinen. Suchen und Finden des Mesolithikums an Pingo-Ruinen.

Daniel Nösler, Stumme Zeugen großer Katastrophen. Die Bracks des Landkreises Stade als Natur- und Kulturdenkmale.

Dietrich Alsdorf, Verdrängtes Grauen - Stades letzte Richtstätte.

Die wichtigsten niedersächsischen Ausgrabungen und Funde werden regelmäßig in der Fundchronik im Beiheft der Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte publiziert. Die Kreisarchäologie hat für das Jahr 2015 46 interessante Beiträge von A wie Apensen bis O wie Oldendorf beigesteuert. Sie umfassen zeitlich den Rahmen von der Altsteinzeit bis zur Gegenwart.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 23.03.2017 Landkreis Stade

Gold aus Goldbeck

Dass sächsische Siedler aus dem Elb-Weser-Dreieck im 5. Jh. einen maßgeblichen Anteil an der Besiedlung Ostenglands hatten, ist lange bekannt. Dies wird insbesondere durch archäologische Objekte wie Keramik und Fibeln belegt, von denen in beiden Gebieten identische Stücke gefunden wurden. Zu den kunsthandwerklich herausragenden Schmuckstücken dieser Zeit, die in England und in Nordniedersachsen vorkommen, zählen die Gleicharmigen Kerbschnittfibeln der Völkerwanderungszeit.

Torben Schuback fand während planmäßiger Begehungen bei Goldbeck drei Fragmente dieser Fibeln vom Typ Dösemoor. Die Fundstelle liegt direkt an einem heute verlandeten Kleingewässer, an dem sich bis vor einigen Jahrzehnten ein markanter Grabhügel befunden hat. Die aus vergoldetem Silber gefertigten Stücke sind sehr gut erhalten, datieren in die 2. Hälfte des 5. Jh. und zeigen die typischen Kerbschnittverzierungen sowie das Motiv „des rückblickenden Tieres“. Diese Dekore haben ihre Vorbilder in den Verzierungen spätrömischer Kerbschnittgarnituren, sodass vermutetet wird, dass die Fibeln möglicherweise im sächsischen Gebiet durch römische Handwerker hergestellt worden sind. Gewandspangen dieser Güte werden nur äußerst selten gefunden und deren Trägerinnen dürften zur sächsischen Oberschicht gehört haben.

Bei den Prospektionen wurden neben wenigen anderen Objekten außerdem eine völkerwanderungszeitliche Fibel, zwei frühmittelalterliche Scheibenfibeln und Keramikscherben geborgen. Scheinbar hat hier eine frühgeschichtliche Siedlung oder ein Gräberfeld bestanden. Allerdings könnte die Fundstelle an dem Teich auch auf eine gezielte Niederlegung hindeuten. Der eponyme Fund wurde beispielsweise intentionell im „Dösemoor“, einem ausgedehnten Hochmoor, deponiert.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Dietrich Alsdorf | 21.03.2017 Landkreis Stade

Das geheime Flaschengrab von „Schröders Erben“

Bereits vor über 135 Jahren wurde im damals ländlichen Harsefeld an Limonaden und Mineralwässern experimentiert. In einer Zeit, in der die Bürger vornehmlich das muffige, nach Eisen schmeckende Brunnenwasser konsumierten, schlugen die auf Flaschen gezogenen Erfrischungsgetränke ein wie eine Bombe. Damals begann eine rasante Entwicklung, die bis im Grunde heute anhält: Mineralwässer und Fruchtlimonaden gibt es in jedem Haushalt. Damals wie heute schleppen die Menschen Getränkekisten und geben ihre Pfandflaschen wie selbstverständlich zurück. Eine Entdeckung im Harsefelder Neubaugebiet „Neuenteicher Weg“ gewährte kürzlich ungewöhnliche Einblicke in eine ländliche Mineralwasserfabrikation.

Nils Bludau, ehrenamtlicher Mitarbeiter der Archäologischen Denkmalpflege, kontrollierte im Neubaugebiet Aushub und abgeschobene Flächen nach möglichen Funden. Dort machte er eine zunächst banal klingende Entdeckung: Eine alte Müllkippe – mitten auf der Trasse für den Lärmschutzwall. Das Besondere aber – sie bestand dem Augenschein nach nur aus Flaschenbruch. Scherben der einst in Harsefeld ansässigen Mineralwasser-Anstalt „Schröders Erben“, wie an der Prägung zu lesen war.

So zahlreich der gläserne Nachlass, so gering ist bisher die schriftliche Überlieferung. Klar scheint, dass der junge wie geschäftstüchtige Apotheker Johannes Schröder die Idee einer Mineralwasserfabrikation um 1871 in den Ort trug. Was mochte hinter dieser „Beerdigung“ stecken? Als Firmengründer Johannes Schröder 1892 mit nur 46 Jahren starb, führten seine Witwe Catharina und seine beiden Schwestern Adelheid und Elise das Unternehmen als „Schröders Erben“ fort. Das Wasser für ihre Produkte wurde aus einem vor dem Haus befindlichen tiefen Brunnen gepumpt. In den nahen Kellerräumen wurde das Wasser destilliert, mit Kohlensäure sowie zusätzlichen Mineralien und Substanzen veredelt und abgefüllt.

Verkauft wurden die Wässer in Pfandflaschen – damals Patenflaschen genannt, deren Anschaffung einen beträchtlichen Teil des Betriebskapitals verschlang. Und hier lag ein großes Problem: Der Konsument fand die Flaschen mit ihren Klappverschlüssen so praktisch, dass nicht selten keine Rückführung erfolgte. Als Saftbehälter fanden sich bald große Mengen des Flaschenumlaufs in privaten Haushalten. Ein Ärgernis, dem auch nicht mit Prägungen wie „unverkäuflich“ oder „vor Fremdbefüllung wird gewarnt“ beizukommen war.