Ausgrabung Aktuell

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Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 10.05.2019 Landkreis Stade

Unter dem Pflaster liegt der Friedhof

Der Flecken Horneburg verdankt sein Entstehen der in der Mitte des 13. Jahrhunderts begründeten Burg. Im Umfeld der Burg entstanden in der Folge Dammsiedlungen und eine Kirche. Da sich aus der wechselvollen Geschichte Horneburgs noch zahlreiche Spuren im moorigen Untergrund erhalten haben, ist der Ortskern als bedeutendes Bodendenkmal geschützt.

Bei den derzeit laufenden Bauarbeiten der Ortskernsanierung wurden im Bereich der Liebfrauenkirche in geringer Tiefe Reste historischer Bestattungen entdeckt. Daraufhin wurden im Auftrag der Stader Kreisarchäologie baubegleitende Ausgrabungen veranlasst, die unter der Leitung von Sebastian Düvel von der Grabungsfirma ArchaeoFirm Poremba & Kunze GbR aus Isernhagen durchgeführt wurden.

Eine Überraschung war dabei die Entdeckung massiver Feldsteinfundamente eines Vorgängerbaus der heutigen Horneburger Kirche direkt am Kirchenschiff. Das 1396 erstmals erwähnte Gotteshaus musste in der Vergangenheit häufig neu errichtet werden. Zuerst erfolgte ein Neubau in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Dieser wurde während des Dreißigjährigen Krieges durch Truppen Tillys vollständig zerstört. Den jetzigen Zustand verdankt die Kirche weitgehend den Neu- und Umbauten des 18. Jahrhunderts.

Die etwa 100 gefundenen Gräber belegen den Standort des völlig in Vergessenheit geratenen, ersten Horneburger Friedhofs, dessen Gründung im Mittelalter vermutet werden darf. Durch die Baumaßnahmen wurde nur ein kleiner Teil des historischen Bestattungsplatzes erfasst. Außerdem waren bereits viele Bereiche durch frühere Erdeingriffe betroffen. Für den Aufbau der neuen Straße mussten nur die obersten Gräber dokumentiert und ausgegraben werden. Alle anderen Bestattungen verbleiben ungestört im Boden.

Die Toten waren meist in hölzernen Särgen bestattet. Auffällig war der relativ hohe Anteil an Säuglingen und Kindern, die ein Beleg für die hohe Kindersterblichkeit in der Vormoderne sind. Im Laufe der Jahrhunderte führte die kontinuierliche Belegung des Friedhofes zu einem erheblichen Platzmangel: Die Gräber lagen dicht gepackt neben- und übereinander bis direkt unter der heutigen Oberfläche. Darum und sicher auch aus hygienischen Gründen verlegte man wohl im Verlauf des 18. Jahrhunderts den Friedhof aus dem Ortskern heraus zum „Alten Friedhof“.