Ausgrabung Aktuell

Der Archäo-Blog für die Region rund um Stade. Hier erfahren Sie stets, was es für Neuigkeiten rund um das Thema Archäologie gibt. Stadt- und Kreisarchäologie berichten gemeinsam mit dem Museum über neue Forschungen, Funde und aktuelle Ausgrabungen.

Forschung, Ausgrabung | Zeitstufen: Altsteinzeit / Mittelsteinzeit Bronzezeit Vorrömische Eisenzeit Jungsteinzeit Römische Kaiserzeit Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 21.02.2024 Landkreis Stade

Vortrag „Zwischen Oste und Elbe – Neue archäologische Entdeckungen in Kehdingen“

Archäologische Funde zeigen, dass das Land zwischen Oste und Elbe bereits seit Jahrtausenden besiedelt gewesen ist. In der unbedeichten Marsch hatten die regelmäßigen Sturmfluten und der Meeresspiegelanstieg allerdings einen unmittelbaren Einfluss auf die Marschenbewohner. Im Land Kehdingen konnten in Verbindung mit Forschungseinrichtungen und ehrenamtlichen Mitarbeitern spannende Erkenntnisse gewonnen werden, die Einblicke in eine vergangene Welt geben, die heute oft metertief verborgen ist! So zeigen zahlreiche Neufunde von ehemaligen Hafenorten bei Oederquart, Freiburg/Elbe und Drochtersen einen engen Kontakt zum römischen Imperium. Seit einigen Jahren belegen an der Elbe neu gefundene Schmuckstücke außerdem die Anwesenheit von Wikingern. Wie heute war die Elbe ein wichtiger Verkehrsweg, über den exotische Waren und Ideen ausgetauscht wurden. Der Strom war allerdings auch Einfallstor für Kriegszüge, wie sie beispielsweise von den Römern und den Nordmännern überliefert sind.

Die Ergebnisse der bis heute andauernden Forschungen werden in einem reich bebilderten Vortrag durch den Stader Kreisarchäologen zusammenfassend dargestellt.

Auf die historischen Entwicklungen des Naturraumes an der Elbe wird ebenfalls eingegangen. Wie war in den Elbmarschen ein Leben ohne die schützenden Deiche überhaupt möglich? Was wissen wir über die Entwicklung des Meeresspiegels in der Vergangenheit?

Der Vortrag findet am Sonntag, den 25.02.2024, 15:00 Uhr, im Natureum Niederelbe statt.

Ausgrabung, Forschung | Zeitstufen: Römische Kaiserzeit Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler, Saryn Schlotfeldt | 21.06.2023 Landkreis Stade

Verkehrsweg Elbe – Materielle Hinterlassenschaften der Römischen Kaiser- und frühen Völkerwanderungszeit aus Assel, Ldkr. Stade

Neben der Ems und der Weser stellt die Elbe den größten Flusslauf Nordwestdeutschlands dar und erfüllt eine wichtige Funktion als Transportroute im modernen Im- und Exportgeschäft.
Dass diese Flüsse bereits zu Beginn des 1. Jahrtausends eine große Bedeutung als Verkehrsweg innegehabt haben und mit ihren naturräumlichen Gegebenheiten ideale Bedingungen für die Entwicklung von Handels- und Kommunikationsnetzwerken besaßen, ist unbestritten. Für den Weser-Ems-Raum liegen hier bereits zahlreiche Studien vor, die die Funktion, Struktur und Bedeutung während der Römischen Kaiserzeit aufzeigen, während die Einbindung und Rolle der Elbe während der Römischen Kaiser- und Völkerwanderungszeit weniger gut erforscht ist.

Hier will das Projekt „Verkehrsweg Elbe“ ansetzen, das im Rahmen des Programmes „Pro*Niedersachsen – Kulturelles Erbe – Sammlungen und Objekte“ vom Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur gefördert und von Dr. Saryn Schlotfeldt vom Niedersächsischen Institut für historische Küstenforschung (NIhK) geleitet wird. Ziel des Projektes ist es, das bislang bekannte und vor allem durch Metalldetektorprospektionen der Kreisarchäologie Stade zusammengetragene Fundmaterial zweier in der Elbmarsch gelegener Fundplätze bei Assel, Ldkr. Stade, wissenschaftlich auszuwerten. Das dort geborgene Fundmaterial sticht sowohl durch eine hohe Anzahl an Bunt- und Edelmetallfunden als auch Hinweise auf eine lokale Metallverarbeitung hervor. Es ist deshalb davon auszugehen, dass vor Ort eine außergewöhnlich große Siedlung bestand, für die Handwerk und Warenaustausch das wirtschaftliche Rückgrat bildete. Das Projekt strebt entsprechend an, das Wissen über die Bedeutung des Unterelberaumes im regionalen und überregionalen Kommunikationssystem der ersten fünf Jahrhunderten nach Chr. deutlich zu erweitern und in den überregionalen Kontext einzuordnen.

Zusätzlich zur archäologischen Betrachtung des Fundmaterials erfolgen weitere Materialanalysen die gesamtheitlich ausgewertet werden. Hierzu zählen metallurgische Untersuchungen die am Deutschen Bergbau-Museums Bochum erfolgen, Keramikanalysen und Untersuchungen organischer Reste, die von Dr. Katrin Struckmeyer und Christina Peek am NIhk durchgeführt werden sowie anthropo­logische Untersuchungen, die Dr. Silke Grefen-Peters übernehmen wird. Die Auswertung der Messergebnisse wird Einblicke in die im Boden verborgenen archäologischen Relikte und Reste von längst verlandeten Wasserwegen ermöglichen.

Ausgrabung, Forschung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 26.10.2021 Landkreis Stade

Unsere Forschungen an der Richtstätte Ohrensen im Fernsehen

Die im letzten Jahr an der Richtstätte bei Ohrensen ausgegrabenen Skelettreste der "Roten Lena" wurden zwischenzeitlich durch Dr. Bettina Jungklaus anthropologisch untersucht. Die entbehrungsreiche Kindheit sowie die harten Haftbedingungen im Harsefelder Kerker haben am Skelett der "Roten Lena" deutliche Spuren hinterlassen. Außerdem waren am linken Unterkiefer sämtliche Backenzähne ausgeschlagen. Dies ist wahrscheinlich erst kurz vor oder während der Hinrichtung geschehen.

In Kooperation mit dem Harsefelder Verein für Kloster- und Heimatgeschichte und dem Flecken Harsefeld konnten am 3. September 2021 die sterblichen Überreste der Anna Marlene Prink auf dem Oberen Friedhof in Harsefeld bestattet werden. Pastor Hermann Heinrich hielt am Grab eine würdevolle Trauerrede

Ein Filmteam von ZDF-History hatte bereits die Ausgrabung begleitet und hat nun auch die Wiederbestattung gefilmt. Der Fall der "Roten Lena" und unsere Forschungen der letzten Monate sind am 31.10.2021, 23:45 Uhr, im ZDF bei "ZDF History" in der Folge "Mörderische Frauen. Rätselhafte Fälle der Geschichte" zu sehen.

Da der an der Richtstätte verscharrte Sarg der "Roten Lena" mit schweren Steinen beschwert war, mit denen man offenbar ihre Wiederkehr in die Welt der Lebenden verhindern wollte, ist der Fall Teil einer weiteren Dokumentation. Sie wird am 1.11.2021, 21:00 Uhr, in der Folge "Mythos - Die größten Rätsel der Geschichte" zum Thema "Vampire" auf ZDF Info ausgestrahlt.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 23.10.2021 Landkreis Stade

Silber im Moor

Matthias Glüsing spürte im Juni 2018 mit seinem Metallsuchgerät in einem Niedermoor bei Aspe einen gut erhaltenen Silbertaler aus dem frühen 17. Jahrhundert auf. Daraufhin suchte er das umliegende Areal mehrfach intensiv ab und hatte als Resultat insgesamt 15 Silbermünzen gefunden, die sich in einem Umkreis von nur 10 m und in einer Tiefe von maximal 25 cm befanden. Außerdem barg er Scherben eines kleinen Steinzeuggefäßes, die sich wieder teilweise zusammensetzen ließen und in dem wohl ursprünglich die Münzen verborgen waren. Es handelt sich um ein sogenanntes Apothekergefäß aus grauem Steinzeug mit brauner Glasur. Die kleinen Töpfchen fanden seit dem 17. Jahrhundert in den Apotheken zur Abfüllung von Salben, Pulvern und Tinkturen Verwendung.

Im Sommer 2020 wurde im Bereich der Münzfundstelle eine kleine archäologische Ausgrabung durchgeführt. Ziel dieser Untersuchung war es, weitere Gefäßfragmente sowie mögliche Indizien zur Verbergung des Schatzes zu finden. Es gelang dabei tatsächlich, weitere Scherben zu entdecken. Da die Münzen und die Keramikfragmente noch nicht weit verstreut waren, ist davon auszugehen, dass der Hort erst kürzlich beim Grünlandumbruch durch den Pflug erfasst und dann zerstreut wurde.

Im Folgenden soll eine erste Einschätzung der Münzen vorgestellt werden. Der Hort besteht aus 14 Talern aus verschiedenen Regionen des Römisch Deutschen Reiches und einer dänischen Krone mit einem Gesamtgewicht von 400,5 g. Interessanterweise fehlen die Erzeugnisse der einheimischen Münzstätten ganz. Die älteste Prägung ist ein niederländischer Taler aus dem Jahr 1567 und die jüngste Münze stammt aus dem Jahr 1629.

Die Schlussmünze aus dem Jahr 1629 verbindet die Verbergung unzweifelhaft mit den schrecklichen Geschehnissen des Dreißigjährigen Krieges, die auch das Land zwischen Elbe und Weser betroffen haben. Zu einer Eskalation führte im Jahr 1627 der Vormarsch ligistischer Truppen unter dem Kommando des Generals Tilly, die gegen das Heer des dänischen Königs vorgingen. Ein Jahr später hatten die Kaiserlichen die Dänen vertrieben und große Teile des Landes besetzt. Ein Pestausbruch raffte große Teile der Bevölkerung dahin. Mit Hinblick auf die Entstehungszeit des Hortes sind die Ereignisse der Jahre 1631/32 von besonderer Bedeutung, als der Bremische Erzbischof mit Unterstützung der Schweden die Rückeroberung seines Territoriums anstrebte. Dies verwandelte das Elbe-Weser-Dreieck in ein Kampfgebiet, in dem die Zivilbevölkerung schwer zu leiden hatte.

In vielen Regionen Deutschlands wurden während des Dreißigjährigen Krieges so viele Münzschätze versteckt wie in keiner anderen Epoche. Wie auch beim vorliegenden Schatz aus Aspe wurden für die Horte häufig besonders werthaltige Nominale zusammengetragen. Mit dem Verbergen versuchte man die Vermögen, vor dem Zugriff der raubenden Landsknechte und vor Kontributionen zu sichern. Obwohl die Soldateska die Bevölkerung gezielt durch Folterungen dazu gezwungen hat, die Verstecke der Wertsachen zu verraten, blieben trotzdem erstaunlich viele Schatzfunde unentdeckt. Die naheliegendste Interpretation dürfte im Tod der ehemaligen Besitzer zu suchen sein, denn das Sterben durch entgrenzte Gewalt, Hunger und Seuchen nahm in einigen Regionen verheerende Ausmaße ein.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 09.11.2020 Landkreis Stade

Die "Rote Lena" - Ausgrabung der Richtstätte von Harsefeld

Für uns heute kaum noch vorstellbar: Vor nur wenig mehr als 150 Jahren fanden auch in unserer Region noch öffentliche Hinrichtungen statt. Das letzte Schauspiel des Schreckens im Amt Harsefeld fand am 31. Oktober 1842 statt. Mit dem Schwert hingerichtet wurde hier auf einem markanten Hügel die verurteilte Giftmörderin Anna Marlena Princk. Sie hatte zusammen mit ihrem jüngeren Geliebten ihren Ehemann mit Arsenik ermordet. Bis zu ihrer Hinrichtung musste die "Rote Lena" genannte Delinquentin drei Jahre im feuchten Kerker von Harsefeld einsitzen, von dem der Grundriss noch heute im Klosterpark sichtbar ist.

Öffentliche Hinrichtungen dienten der Abschreckung und waren gleichzeitig ein makabres Spektakel, das wie im Falle der "Roten Lena" Tausende Schaulustige anlocken konnte. In die Inszenierung eingebunden waren die Harsefelder Schulkinder, die vor und während der Hinrichtung fromme Lieder zu singen hatten.

Da im Umfeld Harsefelds keine Richtstätte mehr existierte, musste ein neuer Richthügel aufgeschüttet werden. Auf seinem Plateau wurde der Richtstuhl platziert, auf dem die Verurteilte festgeschnallt war. Nachdem der Scharfrichter sein tödliches Werk vollendet hatte, wurde der Leichnam direkt neben der Richtstätte bestattet. Nur wenige Jahre später wurde der Hügel eingeebnet und das Gelände in Ackerland umgewandelt.

Erst nach jahrelanger Detektivarbeit ist es gelungen, den Platz wieder zu entdecken. Da er durch die landwirtschaftliche Nutzung stark gefährdet war, führte die Kreisarchäologie im Oktober 2020 dort eine Ausgrabung durch. Bereits unterhalb der Ackerkrume zeichneten sich die Umrisse der Grabgrube ab. Überraschend war die doppelte Steinlage, die über dem Sarg platziert war. Ein großer Stein lag sogar unmittelbar auf dem Sargdeckel. Warum, zeigte sich unmittelbar beim Öffnen des Grabes: Er befand sich direkt über dem abgeschlagenen Schädel, den man nach der Hinrichtung kopfüber neben die Füße geworfen hatte. Offenbar spielte hier die vielfach überlieferte Furcht vor Wiedergängern eine große Rolle. Dieser Aberglaube blühte insbesondere an unheimlichen Orten wie den Richtplätzen, an denen die nicht in geweihter Erde bestatteten Toten angeblich keinen Frieden finden konnten.

Ein Filmteam von ZDF-History hat die Ausgrabung begleitet. Unsere Forschungen werden im Laufe des Jahres 2021 im ZDF und später auf Phoenix sowie ZDFinfo zu sehen sein. Berichte über die Grabung sind außerdem in der Hamburger Morgenpost, dem Stader Tageblatt, P.M. History und BILD zu finden.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 10.05.2019 Landkreis Stade

Unter dem Pflaster liegt der Friedhof

Der Flecken Horneburg verdankt sein Entstehen der in der Mitte des 13. Jahrhunderts begründeten Burg. Im Umfeld der Burg entstanden in der Folge Dammsiedlungen und eine Kirche. Da sich aus der wechselvollen Geschichte Horneburgs noch zahlreiche Spuren im moorigen Untergrund erhalten haben, ist der Ortskern als bedeutendes Bodendenkmal geschützt.

Bei den derzeit laufenden Bauarbeiten der Ortskernsanierung wurden im Bereich der Liebfrauenkirche in geringer Tiefe Reste historischer Bestattungen entdeckt. Daraufhin wurden im Auftrag der Stader Kreisarchäologie baubegleitende Ausgrabungen veranlasst, die unter der Leitung von Sebastian Düvel von der Grabungsfirma ArchaeoFirm Poremba & Kunze GbR aus Isernhagen durchgeführt wurden.

Eine Überraschung war dabei die Entdeckung massiver Feldsteinfundamente eines Vorgängerbaus der heutigen Horneburger Kirche direkt am Kirchenschiff. Das 1396 erstmals erwähnte Gotteshaus musste in der Vergangenheit häufig neu errichtet werden. Zuerst erfolgte ein Neubau in der Mitte des 16. Jahrhunderts. Dieser wurde während des Dreißigjährigen Krieges durch Truppen Tillys vollständig zerstört. Den jetzigen Zustand verdankt die Kirche weitgehend den Neu- und Umbauten des 18. Jahrhunderts.

Die etwa 100 gefundenen Gräber belegen den Standort des völlig in Vergessenheit geratenen, ersten Horneburger Friedhofs, dessen Gründung im Mittelalter vermutet werden darf. Durch die Baumaßnahmen wurde nur ein kleiner Teil des historischen Bestattungsplatzes erfasst. Außerdem waren bereits viele Bereiche durch frühere Erdeingriffe betroffen. Für den Aufbau der neuen Straße mussten nur die obersten Gräber dokumentiert und ausgegraben werden. Alle anderen Bestattungen verbleiben ungestört im Boden.

Die Toten waren meist in hölzernen Särgen bestattet. Auffällig war der relativ hohe Anteil an Säuglingen und Kindern, die ein Beleg für die hohe Kindersterblichkeit in der Vormoderne sind. Im Laufe der Jahrhunderte führte die kontinuierliche Belegung des Friedhofes zu einem erheblichen Platzmangel: Die Gräber lagen dicht gepackt neben- und übereinander bis direkt unter der heutigen Oberfläche. Darum und sicher auch aus hygienischen Gründen verlegte man wohl im Verlauf des 18. Jahrhunderts den Friedhof aus dem Ortskern heraus zum „Alten Friedhof“.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Dietrich Alsdorf | 11.01.2018 Landkreis Stade

Die Kapelle unter dem Friedhof

Auf Geheiß des Bremer Erzbischofs Gerhard II. wurde um das Jahr 1255 in einem Winkel (Horn) der Aue die Horneburg errichtet. Zu den Burgmannsfamilien gehörten auch die der Schulte von der Lühe, die zu einem unbekannten Zeitpunkt auf einer runden Sandinsel nahe der Auefurt eine Kapelle stifteten, die der Heiligen Gertrud, der Schutzpatronin der Reisenden und Seefahrer, geweiht war. Hintergrund der Stiftung war vermutlich die wachsende Bedeutung Horneburgs im Spätmittelalter in Bezug auf Handel und Schifffahrt.

Im Dreißigjährigen Krieg wurde Horneburg im Jahr 1632 von Tillys Truppen erobert und niedergebrannt, Burg und Hauptkirche zerstört. Auch die Gertrudenkapelle sank in Trümmer und wurde nicht wieder aufgebaut. Der Platz allerdings wurde als Gemeindefriedhof mit Grabgewölbe einer im Ort ansässigen Adelsfamilie weiter genutzt. Die fast kreisrunde Wurt mit einem umlaufenden, heute verfüllten Graben bot darüber hinaus reichlich Raum für weitere Spekulationen. Heimatforscher vermuteten beispielsweise eine mögliche Vornutzung in Form eines Ringwalles.

Als die Gemeinde Horneburg im Jahre 1988 eine Umgestaltung des inzwischen verwilderten „Alten Friedhofs“ ins Auge fasste, gelang es – bis dahin erstmalig im Kreisgebiet – einen für Bestattungen geschlossenen historischen Friedhof vor der Totalräumung zu bewahren und schützen. Zur Klärung der Platzgeschichte wurden dann Bohrungen und kleine Sondagen durchgeführt.

Die Bohrungen ergaben Einblicke in den Aufbau der Kapellenwurt und führten auch zur Entdeckung des Kapellenfundamentes. Anschließende Grabungen wiesen die Gründung eines Ost-West ausgerichteten Backsteingebäudes von 17 x 6 Meter Größe mit einer halbrunden Apsis nach. Nach Räumung der der Kapellentrümmer hatte man die Wurt gleichmäßig um 1,50 Meter mit leichtem Sandboden aufgehöht und der Platz in Begräbnisplätze unterteilt. Eine Maßnahme, die einerseits das Anlegen der Grabgruben erleichtern sollte und anderseits dazu diente, die Verstorbenen aus dem hohen Grundwasserspiegel der Flussniederung zu bekommen.

Nach Abschluss der Untersuchungen wurde der rekonstruierte Grundriss der Gertrudenkapelle mittels großer Feldsteine markiert. Nach den gefundenen Ziegelresten dürfte der schlichte, einschiffige Bau am Ende des Mittelalters entstanden sein. Eine Vornutzung durch einen vermuteten Ringwall konnte infolge der begrenzten Eingriffe nicht nachgewiesen werden, ist aber wahrscheinlich.

Forschung, Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit Römische Kaiserzeit | Daniel Nösler | 30.12.2017 Landkreis Stade

Vortrag: Von der Elbe nach England – Die Sachsen des frühen Mittelalters

Die im 3./4. Jahrhundert in den antiken Quellen auftauchenden Sachsen haben nichts mit dem heutigen gleichnamigen Bundesland zu tun, ihr Ursprung liegt vielmehr im nördlichen Niedersachsen und im westlichen Schleswig-Holstein. Zur Geschichte und Kultur dieses Stammes liefern die historischen Aufzeichnungen nur sehr spärliche Erkenntnisse. Die Sachsen waren für das Römische Imperium offenbar eine ständige Bedrohung: Sie operierten häufig als Seeräuber auf der Nordsee und suchten mit Plünderungszügen die Küsten Galliens und Britanniens heim. Daneben verdingten sie sich in der Spätantike in größerer Zahl als Söldner im römischen Militär.

In den letzten Jahrzehnten wurden insbesondere im Elbe-Weser-Gebiet zahlreiche Ausgrabungen durchgeführt, die entscheidende Hinweise zur Lebens- und Wirtschaftsweise sowie zur Sozialstruktur und Alltagskultur der Sachsen erbracht haben. Im Landkreis Stade sind die Forschungen auf einem der größten sächsischen Bestattungsplätze in Issendorf sowie das Gräberfeld Immenbeck hervorzuheben. In Issendorf wurden mehr als 6.000 Verstorbene beigesetzt, denen teilweise sehr wertvolle Objekte beigegeben wurden. Bemerkenswert sind hier neben den Waffen, Perlen und Schmuckstücken aus Edelmetall besonders die importierten Glasgefäße. Zu den Siedlungen wurde speziell in der Elbmarsch intensiv geforscht.

Während der Völkerwanderungszeit nutzten die Sachsen, die als Söldner oder Piraten die reichen römischen Provinzen kennen gelernt hatten, nun geschickt die Schwäche des Römischen Reiches aus. Als im Jahr 410 die meisten römischen Truppen die britische Insel verlassen hatten, kam es zu einem stetig wachsenden Zuzug von Sachsen. Sie eroberten insbesondere den Südteil des heutigen England. Dort wurden sächsische Königreiche gegründet, die Essex = Ostsachsen, Wessex = Westsachsen oder Sussex = Südsachsen genannt wurden. Auch die archäologischen Funde und Ortsnamen bezeugen die engen Verbindungen zwischen dem Elbe-Weser-Gebiet und England. Außerdem bestehen sehr große Übereinstimmungen im Erbgut der Menschen aus Ostengland und dem nördlichen Niedersachsen.

Der Kreisarchäologe Daniel Nösler wird über diese frühe Geschichte der Sachsen im Rahmen der Stammtischvorträge des Stader Geschichts- und Heimatvereins berichten. Der Vortrag findet am 4.01.2018, 17:00 Uhr, im Stader Inselrestaurant statt. Der Eintritt ist frei.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 01.12.2017 Landkreis Stade

Erneute Grabungen an der Krughörne bei Blumental

Im Oktober 2017 haben Archäologen des Instituts für Ur- und Frühgeschichte der Universität Kiel unter der Leitung von Janna Kordowski eine weitere Grabungskampagne am historischen Krugstandort an der Oste durchgeführt. Die im Jahr 2015 erfolgte erste Ausgrabung hatte bereits wertvolle Einblicke in die Kulturgeschichte dieser wichtigen Anlaufstation für Schiffer und Reisende erbracht (Siehe den entsprechenden Blogbeitrag weiter unten). Die aktuellen Untersuchungen sollten die genaue Lage des Gebäudes und den Aufbau des unmittelbar angrenzenden Deiches klären helfen.

Die Grabungen erbrachten interessante Einblicke in den Aufbau der Wurt, die in den letzten Jahrhunderten trotz des bestehenden Deiches immer wieder erhöht worden ist. Daneben wurde ein mit Ziegelsteinen gepflasterter Weg entdeckt, der möglicherweise über den Deich zur nahen Anlegestelle führte.

Wie schon 2015 wurden wiederum zahlreiche Funde, wie Koch- und Trinkgefäße aus Keramik, gemacht, die den Alltag in einem Rasthaus illustrieren. Die Forschungen sollen in den kommenden Jahren als Promotionsprojekt an der Universität Kiel fortgesetzt werden. Auch aus denkmalpflegerischen Gründen ist die archäologische Dokumentation des Platzes geboten, denn der Wellenschlag der unmittelbar angrenzenden Pütte führt zu einer ständig fortschreitenden Erosion des Bodendenkmals.

Ausgrabung | Zeitstufen: Bronzezeit Vorrömische Eisenzeit Jungsteinzeit Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 25.11.2017 Landkreis Stade

Spuren aus mehr als 5.500 Jahren - Grabungen im Baugebiet Blumenthal abgeschlossen

Ab dem nächsten Jahr wird Horneburg um ein 22,5 ha großes Neubaugebiet "Blumenthal" weiter wachsen. Die Erschließung und Vermarktung wird durch die Kreissparkasse Stade übernommen. Da im Bereich des geplanten Vorhabens zwei Bodendenkmale vorhanden sind, führte die Kreisarchäologie im April 2017 umfangreiche Sondagen durch, um die Ausdehnung und Erhaltung der archäologischen Relikte zu klären. Daneben wurden die Flächen durch unseren ehrenamtlichen Mitarbeiter Torben Schuback intensiv mit dem Metalldetektor begangen. Er fand dabei ein Grifffragment eines älterbronzezeitlichen Bronzeschwertes, ein großes Papstsiegel, zahllose Münzen, mittelalterliche Siegelstempel und vieles mehr.

Als Ergebnis wurden in fünf Bereichen auf fast 2 ha Größe Befunde festgestellt, die von Juni bis November 2017 durch ein Team der Grabungsfirma ArchaeoFirm ausgegraben wurden. Als Ergebnis besonders hervorzuheben sind die Überreste von mindestens zwei Megalithgräbern. Die Grabmonumente haben sich auf der höchsten Erhebung mit Blick auf das Elbe- und Auetal befunden und waren von zahllosen Feuerstellen flankiert, die auf einen bronzezeitlichen Kultplatz hindeuten dürften.

Etwa 2.100 - 2.500 Jahre alt sind die Spuren eines eisenzeitlichen Dorfes, von dem gut erhaltene Hausgrundrisse, Herdstellen, Gruben, Reste von Öfen und Pfostengruben dokumentiert wurden. Gefunden wurden große Mengen an Keramik sowie Feuersteingeräte, Mahlsteine, Spinnwirtel, botanische Reste und ein Keramikstempel.

Am 29.11.2017, 19:00 Uhr, wird Kreisarchäologe Daniel Nösler auf der Sitzung des Kulturausschusses des Flecken Horneburg in einem Vortrag die ersten Ergebnisse vorstellen. Die Sitzung ist öffentlich.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Bernd Habermann | 23.10.2017 Landkreis Stade

Das Ding vom Hof

Merkwürdigkeiten erregen Aufmerksamkeit. So auch ein Bronzeobjekt, das während einer Grabung in der Kirchenstraße im nassmoorigen Untergrund in der Altstadt von Buxtehude gefunden wurde.

Der an einer Seite spitz zulaufende und an der anderen Seite gerade abschließende, schiffförmige Metallkörper besteht aus etwa 0,5 bis 0,8 mm dünner Bronze, misst 6,4 cm in der Länge, wird am Ende 2,6 cm breit und ist 0,8 cm hoch. Er ist massiv gegossen und sonst unverziert. Das Stück ist innen hohl und hat am breiten, gerade abschließenden Ende eine bewegliche, seitlich zu öffnende Klappe. Sie wird gehalten durch Scharnierstifte zwischen Ober- und Unterseite, ist also ähnlich einer seitlich angeschlagenen Tür zu öffnen. Geschlossen gehalten wird sie durch eine Nase und eine Rast auf der gegenüberliegenden Seite.

Nahe der Spitze steckt in der Oberseite ein Stift mit einem runden schildartigen oberen Abschluss und einer Lochung in seiner Mitte. Das Schild steht (jetzt?) leicht schräg zur Längsrichtung. Eine Verdickung am Stiftfuß verhindert, dass der Stift weiter in den Bronzekörper hineinrutschen kann. Ein weiteres Loch befindet sich kurz vor dem hinteren Ende, möglicherweise hat hier ein weiterer Stift gesessen.

Aufgrund der stratigraphischen Fundlage und der umgebenden Keramik datiert es in die Zeit kurz vor bzw. um 1500. Zwar erinnert die Form an ein Bügeleisen, doch die Kleinheit schließt diese Funktion eher aus, zumal diese Form im Datierungszeitraum nicht üblich war. Eine Idee, was es gewesen sein könnte oder wozu es gebraucht wurde, gibt es derzeit nicht.

Anregungen und Hinweise werden gern entgegengenommen: b.habermann@stadt.buxtehude.de.
Forschung, Ausgrabung | Zeitstufen: Altsteinzeit / Mittelsteinzeit Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit Römische Kaiserzeit Jungsteinzeit Vorrömische Eisenzeit Bronzezeit | Daniel Nösler | 23.07.2017 Landkreis Stade

Neuerscheinungen zur Archäologie des Landkreises Stade

In zwei Publikationen zur niedersächsischen Archäologie sind wiederum zahlreiche Beiträge zur Archäologie des Landkreises Stade erschienen.
Im Heft 20 von Archäologie in Niedersachsen mit dem Schwerpunktthema "Methoden des Suchens und Findens" sind folgende Artikel enthalten:

Dietrich Alsdorf, "Vermittels eines Sucheisens sehr wohl zu finden". Frühe Grabungsmethoden auf der Stader Geest des 18. Jahrhunderts.

Daniel Nösler, Vom Moor verschlungen. Die Erforschung einer prähistorischen Gräberlandschaft bei Hammah.

Andrea Finck und Andreas Schäfer, Eisenzeitliche Urnen im Neubaugebiet "Heidesiedlung" in Stade-Riensförde.

Donat Wehner, Schenke im Schlick. Die Ausgrabungen an der Krughörne bei Blumenthal im Landkreis Stade.

A. Hüser, St. Wolters, I. Laroque-Tobler, S. Mahlstedt und D. Enters, Von Sedimenten, Zuckmühlen, Pollen und kleinen Steinen. Suchen und Finden des Mesolithikums an Pingo-Ruinen.

Daniel Nösler, Stumme Zeugen großer Katastrophen. Die Bracks des Landkreises Stade als Natur- und Kulturdenkmale.

Dietrich Alsdorf, Verdrängtes Grauen - Stades letzte Richtstätte.

Die wichtigsten niedersächsischen Ausgrabungen und Funde werden regelmäßig in der Fundchronik im Beiheft der Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte publiziert. Die Kreisarchäologie hat für das Jahr 2015 46 interessante Beiträge von A wie Apensen bis O wie Oldendorf beigesteuert. Sie umfassen zeitlich den Rahmen von der Altsteinzeit bis zur Gegenwart.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 23.03.2017 Landkreis Stade

Gold aus Goldbeck

Dass sächsische Siedler aus dem Elb-Weser-Dreieck im 5. Jh. einen maßgeblichen Anteil an der Besiedlung Ostenglands hatten, ist lange bekannt. Dies wird insbesondere durch archäologische Objekte wie Keramik und Fibeln belegt, von denen in beiden Gebieten identische Stücke gefunden wurden. Zu den kunsthandwerklich herausragenden Schmuckstücken dieser Zeit, die in England und in Nordniedersachsen vorkommen, zählen die Gleicharmigen Kerbschnittfibeln der Völkerwanderungszeit.

Torben Schuback fand während planmäßiger Begehungen bei Goldbeck drei Fragmente dieser Fibeln vom Typ Dösemoor. Die Fundstelle liegt direkt an einem heute verlandeten Kleingewässer, an dem sich bis vor einigen Jahrzehnten ein markanter Grabhügel befunden hat. Die aus vergoldetem Silber gefertigten Stücke sind sehr gut erhalten, datieren in die 2. Hälfte des 5. Jh. und zeigen die typischen Kerbschnittverzierungen sowie das Motiv „des rückblickenden Tieres“. Diese Dekore haben ihre Vorbilder in den Verzierungen spätrömischer Kerbschnittgarnituren, sodass vermutetet wird, dass die Fibeln möglicherweise im sächsischen Gebiet durch römische Handwerker hergestellt worden sind. Gewandspangen dieser Güte werden nur äußerst selten gefunden und deren Trägerinnen dürften zur sächsischen Oberschicht gehört haben.

Bei den Prospektionen wurden neben wenigen anderen Objekten außerdem eine völkerwanderungszeitliche Fibel, zwei frühmittelalterliche Scheibenfibeln und Keramikscherben geborgen. Scheinbar hat hier eine frühgeschichtliche Siedlung oder ein Gräberfeld bestanden. Allerdings könnte die Fundstelle an dem Teich auch auf eine gezielte Niederlegung hindeuten. Der eponyme Fund wurde beispielsweise intentionell im „Dösemoor“, einem ausgedehnten Hochmoor, deponiert.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Dietrich Alsdorf | 21.03.2017 Landkreis Stade

Das geheime Flaschengrab von „Schröders Erben“

Bereits vor über 135 Jahren wurde im damals ländlichen Harsefeld an Limonaden und Mineralwässern experimentiert. In einer Zeit, in der die Bürger vornehmlich das muffige, nach Eisen schmeckende Brunnenwasser konsumierten, schlugen die auf Flaschen gezogenen Erfrischungsgetränke ein wie eine Bombe. Damals begann eine rasante Entwicklung, die bis im Grunde heute anhält: Mineralwässer und Fruchtlimonaden gibt es in jedem Haushalt. Damals wie heute schleppen die Menschen Getränkekisten und geben ihre Pfandflaschen wie selbstverständlich zurück. Eine Entdeckung im Harsefelder Neubaugebiet „Neuenteicher Weg“ gewährte kürzlich ungewöhnliche Einblicke in eine ländliche Mineralwasserfabrikation.

Nils Bludau, ehrenamtlicher Mitarbeiter der Archäologischen Denkmalpflege, kontrollierte im Neubaugebiet Aushub und abgeschobene Flächen nach möglichen Funden. Dort machte er eine zunächst banal klingende Entdeckung: Eine alte Müllkippe – mitten auf der Trasse für den Lärmschutzwall. Das Besondere aber – sie bestand dem Augenschein nach nur aus Flaschenbruch. Scherben der einst in Harsefeld ansässigen Mineralwasser-Anstalt „Schröders Erben“, wie an der Prägung zu lesen war.

So zahlreich der gläserne Nachlass, so gering ist bisher die schriftliche Überlieferung. Klar scheint, dass der junge wie geschäftstüchtige Apotheker Johannes Schröder die Idee einer Mineralwasserfabrikation um 1871 in den Ort trug. Was mochte hinter dieser „Beerdigung“ stecken? Als Firmengründer Johannes Schröder 1892 mit nur 46 Jahren starb, führten seine Witwe Catharina und seine beiden Schwestern Adelheid und Elise das Unternehmen als „Schröders Erben“ fort. Das Wasser für ihre Produkte wurde aus einem vor dem Haus befindlichen tiefen Brunnen gepumpt. In den nahen Kellerräumen wurde das Wasser destilliert, mit Kohlensäure sowie zusätzlichen Mineralien und Substanzen veredelt und abgefüllt.

Verkauft wurden die Wässer in Pfandflaschen – damals Patenflaschen genannt, deren Anschaffung einen beträchtlichen Teil des Betriebskapitals verschlang. Und hier lag ein großes Problem: Der Konsument fand die Flaschen mit ihren Klappverschlüssen so praktisch, dass nicht selten keine Rückführung erfolgte. Als Saftbehälter fanden sich bald große Mengen des Flaschenumlaufs in privaten Haushalten. Ein Ärgernis, dem auch nicht mit Prägungen wie „unverkäuflich“ oder „vor Fremdbefüllung wird gewarnt“ beizukommen war.

Ausgrabung | Zeitstufen: Bronzezeit Vorrömische Eisenzeit Römische Kaiserzeit Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit Jungsteinzeit | Daniel Nösler | 29.09.2016 Landkreis Stade

Eröffnung der Sonderausstellung "Die größte Grabung des Landkreises Stade" im Museum Harsefeld

Vor etwas mehr als einem Jahr ging im Harsefelder Neubaugebiet "Am Redder III" die flächenmäßig größte Ausgrabung des Landkreises Stade erfolgreich zu Ende. Fast ein halbes Jahr lang haben Archäologen der Grabungsfirma ArchaeoFirm auf fast 5 Hektar Fläche spannende Funde von der Jungsteinzeit bis zur Völkerwanderungszeit und somit aus einer Zeitspanne von 4000 Jahren gemacht.

Nachdem nun die Grabung ausgewertet ist und viele Funde restauriert sind, wollen wir der Öffentlichkeit erste Ergebnisse präsentieren. Daneben werden interessante Objekte gezeigt, die in den letzten beiden Jahren durch unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter Nils Bludau, André Jeske und Torben Schuback geborgen wurden.

Am Donnerstag, 13. Oktober 2016, um 17.00 Uhr, wird im Museum Harsefeld die von der Stader Kreisarchäologie konzipierte Sonderausstellung "Die größte Grabung des Landkreises Stade - Die archäologischen Untersuchungen im Harsefelder Baugebiet Redder III" eröffnet. Die Schau wird bis zum 23. April 2017 zu sehen sein.

Zu dieser Veranstaltung laden wir Sie und Ihre Begleitung herzlich ein.

Eine Einführung in die Ausstellung erfolgt durch den Kreisarchäologen Daniel Nösler.

Forschung, Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Andra Fink / Dr. Andreas Schäfer | 08.08.2016 Landkreis Stade

Vorburgsiedlung zur Schwedenschanze entdeckt

Seit einigen Jahren ist die Stadtarchäologie der Hansestadt Stade auf der Suche nach der Vorburgsiedlung des bei Groß Thun direkt an der Schwinge gelegenen frühmittelalterlichen Burgwalls „Schwedenschanze“. Nur 200 Meter von der Burganlage entfernt wurde kürzlich ein Gehöft abgerissen, um Platz für zwei Neubauten zu schaffen. Im Vorfeld der Baumaßnahmen führte die Stadtarchäologie eine Ausgrabung durch, bei der zwei Grubenhäuser, eine Einfriedung, Gruben sowie diverse Pfostengruben dokumentiert werden konnten. Die beiden 4-Pfosten-Grubenhäuser sind mit einer Grundfläche von 4 x 3,8 Metern ungewöhnlich groß. Ein Grubenhaus weist eine rechteckige Herdpflasterung aus flachen Feldsteinen auf, aus der Verfüllung des zweiten Grubenhauses stammen Webgewichtsbruchstücke. In den Befunden wurde frühmittelalterliche Keramik geborgen, die sowohl in der Herstellungsart, als auch in der Datierung zu den in der „Schwedenschanze“ ergrabenen Gefäßfragmenten passt.
Direkt südlich der Grubenhäuser lag eine grabenartige Einfriedung, die das gesamte Baugelände von West nach Ost querte. Hinweise auf einen etwa fünf Meter breiten Pfostenbau lieferten einige Pfostengruben. Die genaue Ausdehnung des Gebäudes lässt sich aufgrund einer neuzeitlichen Störung (Keller eines neuzeitlichen Hauses) nicht ermitteln. Mit dieser Ausgrabung konnte endlich der Nachweis einer Vorburgsiedlung zur „Schwedenschanze“ erbracht werden und untermauert damit die These, dass die heutigen Dörfer in der Region häufig eine Platzkontinuität bis in das Frühmittelalter aufweisen.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Dr. Andreas Schäfer | 24.06.2016 Stade

Rettungsgrabung auf der Hertie Baustelle

Seit einigen Tagen arbeitet die Stadtarchäologie auf der Abrissbaustelle des alten Hertie-Kaufhauses. 

Die dort gemachten Funde sind eine echte Überraschung. Eigentlich war nicht davon auszugehen, dass die Großbaustelle der 1970er Jahre noch Spuren der Stadtgeschichte übrig gelassen hätte.

Nun kamen allerdings Überreste der Grundmauern einer Klosterschule aus dem 14. Jh. zum Vorschein. Die Schule gehörte zum St. Georg Kloster, einem Prämonstratenserstift, dessen Schüler erstmals in einer Quelle von 1393 erwähnt werden. 1540 wird aus der Schule die städtische Lateinschule, die dann 1588 in das Athenaeum mündet, das noch heute als Gymnasium existiert. Das Athenaeum lag früher mitten in der Stadt. 1901 wurde es in das heutige Carl-Diercke-Haus in der Bahnhofstraße umgesiedelt, seit 1925 ist es im ehemaligen Lehrerseminar an der Harsefelder Straße untergebracht.

Weiterhin kamen Bestattungen eines Friedhofs zutage, der ebenfalls zum Kloster St. Georg gehörte. Die Gräber stammen vermutlich aus dem 13. und 14. Jh. Auffällig sind mehere Kindergräber sowie das Grab einer offenbar wohlhabenden Dame, auf deren Stellung Kupferschmuck als Beigabe hinweist.

Die Stadtarchäologie hofft im Laufe der kommenden Wochen noch weitere Erkenntnisse auf dem leider nur kleinen, ungestörten Areal gewinnen zu können.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Dr. Andreas Schäfer | 28.09.2015 Stade

Ausgrabungen auf der Kreishausbaustelle

Die Erdarbeiten für den Erweiterungsbau des Kreishauses am Sande werden seit 2 Wochen baubegleitend archäologisch untersucht. Dabei konnten bereits interessante Aufschlüsse zum Befestigungsbau der Schwedenzeit (1645-1712) sowie zum Kasernenbau im Jahre 1736 gewonnen werden. Daneben konnten im Nordosten des Baugebietes, nahe der heutigen Einfahrt zur Tiefgarage vermutlich auch noch Reste eines Hauses des 16./17.Jhs. entdeckt werden.  Die hier aufgefundenen Findlingsfundamente gehören zu einem größeren Gebäude und stehen vermutlich in Verbindung mit kurz zuvor entdeckten Backsteinmauern und einem alten Fußboden, der aus einer Backsteinpflasterung bestand. Vieles deutet darauf hin, dass dieses Gebäude bereits dem Stadtbrand von 1659 zum Opfer fiel. Dieses Gebäude könnte somit noch in die Zeit des ehemaligen Marienklosters gehören, das einst auf dem Sande nahe der alten Burgmauer stand. Überreste des Marienklosters wurden bereits  in den 1960er Jahren im Bereich des Gerichtgebäudes ausgegraben.

Besonders für Aufsehen sorgt jedoch der Fund eines unterirdischen schmalen Gewölbeganges, der knapp 3 m unter heutiger Geländeoberkante durch die tiefgreifenden Baggerarbeiten zum Vorschein kam und von West nach Ost, also annähernd parallel zur heutigen Straße, dem Salztorswall verläuft.
Das Gewölbe ist aus Backsteinen gemauert, ist ca. 1,10 m hoch und hat eine Innenbreite von 75 – 80 cm.  Als Bauzeit wird aufgrund des Backsteinformates und des Befundzusammenhanges das 17. oder 18.Jh. angenommen. Dieser schmale Gang führt wahrscheinlich direkt zum sogenannten „Fuchsloch“ ein ebenfalls gemauerter Tunnel, der quer durch den Befestigungswall führt und dessen Ausgang am Pratjeweg schon lange bekannt ist. Das Fuchsloch wurde wohl einst als Poterne angelegt, was in der Festungsbaukunst einen unterirdischen und überwölbten Gang, der quer durch die Krone des Hauptwalles hindurchführt, bedeutet und den Zweck hatte, vor etwaigen Belagerern unbemerkt zu fliehen.  Inwieweit der jetzt aufgefundene Gang dann später vielleicht auch als Abwasserleitung genutzt wurde – wie es in eingen Plänen des 18. Jhs. verzeichnet ist, ist umstritten bzw. bisher nicht genau geklärt. Der Tunnel ist auf jeden Fall begehbar. Angestrebt wird, ihn vor seiner Teilzerstörung durch die jetztige Baumaßnahme noch kurzfristig weitergehend zu untersuchen, vermutlich mit einer eingelassenen Kamera.
Der jetzt entdeckte schmale Tunnel liegt direkt an einem kleinen Erdwall, der u.a. aus einer Kleiaufschüttung besteht, die ebenfalls bei den Baumaßnahmen dokumentiert werden konnte und in alten Bezeichnungen des 19. Jhs. als „Vossebrai beim Reithause“ (Faussebraye = niedriges Erdwerk vorm Hauptwall) bezeichnet wird. Die mächtigen Backsteinmauern des 1820 erbauten Reithauses wurden ebenfalls dokumentiert. Daneben wurden die Fundamente der 1736 erbauten Kasernengebäude aufgedeckt.  Die Baugeschichte des Geländes lässt sich zukünftig auch gut an einem fotografisch dokumentierten Profilschnitt ablesen.
Bauschutt und Brandspuren verweisen immer wieder auf den Brand des Jahres 1712 – der dänischen Belagerung Stades – wobei es den Anschein hat, dass das Material auch von woanders her herangeschafft wurde, um das Gelände künstlich aufzuschütten bzw. zu erhöhen.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 20.08.2015 Landkreis Stade

Auf den Spuren von Schiffern und Fährleuten

Silbermünzen, Bierkrüge, Tabakspfeifen – schon damals ließen es sich Schiffer, Fährleute und Passagiere in einem Fährkrug bei Blumenthal direkt an der Oste, einem Nebenfluss der Unterelbe, gut gehen. Das haben Ausgrabungen von Archäologen der Universität Kiel unter Leitung von Dr. Donat Wehner in Kooperation mit der Stader Kreisarchäologie ergeben. Die Forscher stießen auch auf Überreste des Gasthauses und seiner Einrichtung.

Aus historischen Karten war bekannt, dass dieses Gasthaus mindestens von 1768 bis 1874 bestanden hat. Dies war die Blütezeit des Schiffsverkehrs auf der Oste, auf der insbesondere Torf, Getreide, Ziegel und Kohle transportiert wurden.
Diese wichtige Anlaufstation für Schiffer und Reisende lag über Jahrhunderte auf einer heute wüsten, unscheinbaren Wurt direkt am Ostedeich bei Blumenthal. Hier an der „Krughörne“ befand sich eine Anlegestelle für die Schiffe, eine Fähre über den Fluss nach Hechthausen und Reisende bekamen ein Obdach für die Nacht.

Die Grabungen zeigten nun, dass sich an diesem Platz mindestens seit dem ausgehenden Mittelalter ein Krug befunden hat. Allerdings wurde das Haus im Laufe der Jahrhunderte immer wieder von Katastrophen heimgesucht: Deichbrüche und Brände haben im Boden zahlreiche Spuren hinterlassen. Jedoch wurde der Krug immer wieder neu aufgebaut, bis er gegen Ende des 19. Jahrhunderts endgültig aufgegeben wurde. Durch neue Brücken und Chausseen sowie die Eisenbahn verlief der Verkehr nun auf anderen Trassen und Reisende kamen dadurch nur noch selten vorbei.

In der drei Wochen andauernden Grabungskampagne wurden Hunderte Funde gemacht, die den Alltag in einem Rasthaus illustrieren: Koch- und Trinkgefäße aus Keramik, Besteck und Tierknochen sowie Münzen aus Silber und Kupfer. Überraschend war die hohe Zahl importierter Ware, die man zu dieser Zeit eher in herrschaftlichen oder bürgerlichen Haushalten erwarten dürfte. Hierzu gehört beispielsweise Porzellan aus der Königlichen Porzellanmanufaktur Berlin, Fayencen und Steingut. Möglicherweise Luxusgegenstände, die den Kapitänen vorbehalten blieben. Zu einem Wirtshaus gehört der Konsum von Genussmitteln. Davon zeugen die zahlreichen gefundenen Tabakpfeifen, die meist in den Niederlanden hergestellt wurden, sowie frühe Kaffeeservice und Trinkgefäße, aus denen Bier oder Wein gereicht wurde.

Forschung, Ausgrabung | Zeitstufen: Altsteinzeit / Mittelsteinzeit Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit Römische Kaiserzeit Jungsteinzeit Vorrömische Eisenzeit Bronzezeit | Daniel Nösler | 23.07.2015 Landkreis Stade

Neue Publikationen der Kreisarchäologie

Kürzlich sind zwei Publikationen zur niedersächsischen Archäologie mit Beiträgen des Kreisarchäologen erschienen.


In Heft 18 von Archäologie in Niedersachsen stellt Daniel Nösler in seinem Aufsatz Dunkle Geschichte am Elbstrand. Relikte der "Operation Gomorrha" die Funde und historischen Hintergründe zum Trümmerstrand an der Elbe bei Borstel vor.


Die wichtigsten niedersächsischen Ausgrabungen und Funde werden regelmäßig in der Fundchronik im Beiheft der Nachrichten aus Niedersachsens Urgeschichte publiziert. Die Kreisarchäologie hat für das Jahr 2013 21 interessante Beiträge von A wie Apensen bis W wie Wohlerst beigesteuert. Sie umfassen zeitlich den Rahmen von der Mittelsteinzeit bis zur Gegenwart.

Ausgrabung | Zeitstufen: Bronzezeit Vorrömische Eisenzeit Römische Kaiserzeit Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit Jungsteinzeit | Daniel Nösler | 25.05.2015 Landkreis Stade

Die größte Grabung im Landkreis Stade

Schon vor 3.000 bis 2.500 Jahren war der Raum zwischen Harsefeld und dem Urwald „Braken“ ein begehrtes Wohngebiet. Archäologen der Grabungsfirma ArchaeoFirm, die im Auftrag des Landkreises Stade ein künftiges Baugebiet untersuchen, haben hier Spuren einer Siedlung der Bronze- und Eisenzeit gefunden.

Unter Leitung der Archäologin Freia Tröger hat das Forscherteam auf einer Fläche von rund 4,5 Hektar spannende Entdeckungen gemacht. Es handelt sich damit um die flächenmäßig größte Ausgrabung, die jemals im Landkreis Stade durchgeführt worden ist.

Die meisten Befunde stammen von einer Siedlung der jüngeren Bronzezeit und älteren Eisenzeit (1.000-500 v. Chr.). Zu dieser Zeit hat hier über längere Zeit ein größeres Dorf bestanden. Dokumentiert wurden eine Vielzahl von Brunnen, Zisternen, Gruben, Pfosten und Feuerstellen, die z.T. außergewöhnlich viel und sehr gut erhaltene Keramik erbracht haben. Darunter auch solche Formen, die bislang in unserem Raum noch nicht gefunden worden sind. Herausragend ist ein Stempel aus Keramik. Solche Stücke gibt es bislang aus dieser Zeit in Norddeutschland noch überhaupt nicht. Möglicherweise ist dieses Stück ein Beleg für Kontakte nach Süddeutschland oder in den Balkanraum.

Weiterhin wurden Hinterlassenschaften (darunter eine Fibel) aus der Kaiserzeit (100-200 nach Christus) aufgedeckt, die als Siedlung zu dem berühmten langobardischen Gräberfeld in der Ortsmitte gedeutet werden kann.

Eine Schmuckstück aus dem 5. Jahrhundert zeigt eindrucksvoll die Auswirkungen der Völkerwanderungszeit. Sachsen, auch aus dem Stader Raum, waren nach dem Zerfall des Römischen Reiches maßgeblich an der Besiedlung Englands beteiligt. Sie bildeten dort angelsächsische Königreiche. Daher findet man genau identische Fibeln auch auf der britischen Insel.

Dass bei Harsefeld schon vor über 5.000 Jahren von Menschen lebten, beweist ein jungsteinzeitliches Beil aus Feuerstein.

Einen ersten publizierten Vorbericht über die Grabungsergebnisse finden Sie hier.

 

Ausgrabung | Zeitstufen: Römische Kaiserzeit Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 15.03.2015 Landkreis Stade

Ein Wohngebiet der Altsachsen

Bei Erschließungsarbeiten für ein Wohngebiet in Groß Fredenbeck wurden in den 1990er Jahren Teile einer Siedlung der Völkerwanderungszeit dokumentiert. Von den damals geborgenen Funden ist insbesondere die in einem völkerwanderungszeitlichen Brunnen geborgene hölzerne Leiter hervorzuheben, die Sie hier in der Ausstellung bewundern können. Im Vorfeld eines weiteren Neubaugebietes wurden bei einer von ArchaeoFirm durchgeführten Ausgrabung erneut über 400 Befunde aufgedeckt. 330 davon sind Pfostengruben, die sich zu mehreren Langhäusern rekonstruieren lassen. Neben den Langhäusern sind auch vier Grubenhäuser und ein kleinerer Hausgrundriss mit umlaufendem Wandgräbchen nachgewiesen.

Ein 3,20 m durchmessender, im Profil trichterförmiger, über 2,00 m tiefer Brunnen stellte die Wasserversorgung der Siedlung sicher. Aus der Brunnenverfüllung konnte ein halber Mühlstein geborgen werden, aus einer Grube kamen weitere Mühlsteine zutage. Neben Gräbchen, flachen Brandgruben und teils sehr keramikhaltigen Abfallgruben wurden auch zwei Gruben dokumentiert, die möglicherweise als Steinlager zur Mühlsteinherstellung genutzt wurden.

Das umfangreiche Keramikinventar weist auf eine Besiedlung von der Römischen Kaiserzeit bis zur Völkerwanderungszeit hin. Bei Detektorbegehungen fanden sich u.a. zwei völkerwanderungszeitliche Fibeln, ein Armringfragment und ein Bleispinnwirtel.

In der Nordhälfte ziehen neuzeitliche Wegespuren von Südwesten nach Nordosten über die Grabungsfläche und überlagern oder stören die älteren Befunde. Sie gehören zu einer älteren Wegeverbindung, die in Richtung Stade geführt hat und von der sich eindrucksvolle Hohlwegspuren an einer ehemaligen Furt über den Deinster Mühlenbach erhalten haben.

Zwei Vorberichte zu den Grabungen finden Sie hier und hier.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 18.11.2014 Landkreis Stade

Das alte Dorf Oldendorf

Seit mehr als sechs Jahren führt die Kreisarchäologie umfangreiche Forschungen um und in der Oldendorfer Kirche St. Martin durch. In den Jahren 2009-2010 fanden in unmittelbarer Nachbarschaft der romanischen Kirche großflächige Ausgrabungen statt, denn auf dem erst 1871 entwidmeten Kirchhof sollte ein großer Verbrauchermarkt entstehen. Aus der Frühzeit des Ortes stammt die erste Belegungsphase mit zahlreichen Kopfnischen- und Sarggräbern, die nach den 14C-Daten im 11. Jh. begann. In allen neuzeitlichen Kindergräbern wurde ein mehr oder minder umfangreicher Kopfschmuck festgestellt. Ganz offensichtlich war es in Oldendorf noch bis weit in die zweite Hälfte des 19. Jh. der Brauch, Kleinkindern, Mädchen und ledigen jungen Frauen eine Totenkrone mit in das Grab zu geben.

Die anthropologischen Ergebnisse sind erschütternd und werfen ein trauriges Bild auf die Lebenswirklichkeit vor etwa 150 Jahren. Durch die einseitige Ernährung, die vorwiegend aus Getreidebrei bestand, waren bei vielen Kindern Mangelerscheinungen zu beobachten. Die Folge waren eine geringe Körpergröße, verzögerte Entwicklung und erhöhte Anfälligkeit für Infektionskrankheiten. Die Kindersterblichkeit lag mit 50 % äußerst hoch, d.h. jedes zweite Kind starb vor dem Erreichen des 6. Lebensjahres. Besonders stark waren die Atemwegserkrankungen verbreitet, die bei mehr als der Hälfte der Bestatteten schwere Schäden in Nasen- und Kieferhöhlen hinterlassen hatten. Dies ist insbesondere auf die damaligen katastrophalen Wohnverhältnisse in den mit offenen Torffeuern beheizten Häusern zurückzuführen.

Im Jahr 2014 ergab eine umfassende Sanierung der Kirche die Möglichkeit, den Innenraum durch Georadarmessungen zu untersuchen. Dabei wurden die Apsis eines Vorgängerbaus, Grüfte und weitere Baubefunde entdeckt.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Dr. Andreas Schäfer | 10.11.2013 Stade

Schnitt in die Hansezeit - die zweite Stader Hafengrabung von 2013

Im Spätsommer 2013 wurden im Zuge von Sanierungsarbeiten an der Hudebrücke mit archäologischen Ausgrabungen an einer zentralen Stelle des Alten Hafens begonnen. Direkt unter dem Tretkran am Fischmarkt konnte mit Hilfe mehrerer stählerner Schachtkasten der Untergrund des mittelalterlichen Hafenbeckens bauvorbereitend untersucht werden. Zugleich bestand und besteht noch weiterhin die Möglichkeit,  die Baukonstruktion der Hudebrücke zu dokumentieren, die am Ende des 19. Jahrhunderts erneuert wurde und  - wie der Kran – bereits seit dem 13. Jahrhundert schriftlich bezeugt ist.
Entsprechend der Hafengrabung des Jahres 1989 war die Funddichte wieder verblüffend hoch. Erneut wurden bei den Schlämmvorgängen Hunderte von Münzen und Bleiplomben gefunden sowie viele andere wertvolle Kleinfunde. Noch sind nicht alle Grabungsergebnisse ausgewertet, doch zeigen sich schon jetzt sehr interessante und zum Teil überraschende Resultate, von denen in Verbindung mit der  Hafengrabung des Jahres 1989 ein weitgehend vollständiges und schlüssiges Bild zur Stader Hafenentwicklung zu erwarten ist.
Besonders spannend gestaltete sich die Dokumentation der tief liegenden Profile in den Schachtkästen, die nach der Datierung der Pingsdorfer Keramik noch bis in das  10. Jahrhundert zurückreichen. Der anstehende Boden steht bei etwa  – 3 m unter NN an. Erste Ergebnisse weisen auf einen ursprünglich anderen Schwingeverlauf – Richtung Fischmarkt und Salzstraße - hin, und bestätigen somit frühere Vermutungen sowie Rekonstruktionen. Erst ab dem 13. Jahrhundert scheint der Schwingeverlauf zur Hudebrücke umgeleitet worden zu sein.