Die Gemeinde Düdenbüttel erschließt derzeit am östlichen Ortsrand das neue Wohngebiet „Osterdamm“. Da bereits im Jahr 2005 beim Bau des benachbarten Neubaugebietes archäologische Spuren aus der Jungsteinzeit zu Tage traten, wurde kürzlich im Vorfeld der Baumaßnahmen eine Fläche von einem halben Hektar Größe archäologisch untersucht.
Die Ausgrabungen fanden in Kooperation zwischen der Gemeinde Düdenbüttel und der Archäologischen Denkmalpflege des Landkreises Stade statt und wurden durch das Archäologiebüro Nordheide unter der Leitung von Jan Bock durchgeführt.
Trotz der schwierigen Witterung mit Schnee, Hagel und Regen wurden bislang einmalige Funde gemacht. Hinter den dokumentierten Bodenverfärbungen verbergen sich nämlich die Überreste eines Dorfes der jungsteinzeitlichen Einzelgrabkultur (4.800-4.300 Jahre alt). Anhand von Pfostenspuren lassen sich die Standorte von zwei Häusern rekonstruieren. Hinzu kommen Feuerstellen und Vorratsgruben. Im Jahr 2005 wurden bereits zahlreiche Objekte geborgen. Dazu gehören ein Flintbeil und eine Pfeilspitze aus Feuerstein sowie verzierte Keramik. Nun wurden ein Mahlstein zur Verarbeitung von Getreide, Fragmente von Tongefäßen und weitere Feuersteinwerkzeuge gefunden.
Die Einzelgrabkultur war von Skandinavien und Deutschland im Norden und Süden sowie von den Niederlanden bis Polen im Westen und Osten verbreitet. Charakteristisch für diese Epoche ist die Bestattung der Toten in den namengebenden Einzelgräbern, die sich oft in Grabhügeln verbergen. Daneben wurden kunstvolle Steinäxte – die sogenannten Streitäxte – gefertigt, die auf eine kriegerische Zeit verweisen. Bisher kannte man fast ausschließlich Gräber der Einzelgrabkultur. Überreste von Siedlungen sind immer noch von großer Seltenheit. Zwar gibt es beispielsweise aus den Niederlanden schon eine Handvoll archäologischer Befunde von Häusern, in Niedersachsen waren aus dieser Zeit bisher noch überhaupt keine Belege für Wohnbauten bekannt.
Die Grabungsergebnisse werden in der nächsten Zeit näher ausgewertet. Das genaue Alter des Dorfes wird dann in einem Labor mit der Radiokohlenstoffmethode bestimmt.
Seit 2012 erforscht die Stader Kreisarchäologie zusammen mit dem Niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG) die Ablagerungen eines prähistorischen Gewässers bei Blumenthal. Hier fand sich im Profil einer Sandgrube eine Torfschicht, in der auch Hölzer und ein Flintartefakt eingelagert waren. Da also zu vermuten war, dass sich hier ein Lagerplatz des Urmenschen befunden haben könnte, wurde der Sandabbau kontinuierlich archäologisch begleitet.
Die Geowissenschaftler des LBEG führten in Blumenthal mehrfach umfangreiche Untersuchungen durch, deren Ziel es war, dass Alter und die Genese dieser Ablagerungen zu bestimmen. Hierfür wurden zuerst aus den Torfschichten Pollenproben entnommen und im Labor analysiert. Im Jahr 2014 wurden die Profilwände der Sandgrube geowissenschaftlich untersucht, um die eiszeitliche Schichtenabfolge nachvollziehen zu können. Wir wurden dabei vom Sandgrubenbetreiber Helmut Meyer (Hagenah) dankenswerterweise und tatkräftig unterstützt. Im Oktober 2015 führte ein Team des LBEG unter der Leitung von Dr. Janine Meinsen eine umfangreiche Bohrkampagne in und an der Grube durch.
Die mehr als 40 m tiefen Bohrungen ermöglichten eine genaue Einordnung des Blumenthaler Vorkommens und reichten bis in die Ablagerungen des Holstein-Meeres hinunter. In der Holstein-Warmzeit (vor 340.000-325.000 Jahren) dehnte sich das Meer bis in den Stader Raum aus und erst die nachfolgende Saale-Eiszeit führte zu einem dramatischen Rückgang des Meeresspiegels. Erste Ergebnisse der geowissenschaftlichen Forschungen haben Janine Meinsen, Melanie Thomas, Guntram Herrendorf und Carsten Schwarz in ihrem Aufsatz "Die mittelpleistozäne Entwicklungsgeschichte der Grube Blumenthal im Landkreis Stade" kürzlich in den GeoBerichten 31 (Hannover 2015) vorgestellt, der hier heruntergeladen werden kann.
Einen gewichtigen Aufsatz "Mittelalterarchäologie im Elbe-Weser-Dreieck. Forschungsgeschichte, Forschungsfelder, Perspektiven" haben Stefan Hesse, Kreisarchäologe des Landkreises Rotenburg (Wümme), und Daniel Nösler, Kreisarchäologe des Landkreises Stade, im neu erschienenen Stader Jahrbuch vorgelegt.
Auf 103 Seiten werden Einblicke in die Forschungsgeschichte der Archäologie des Mittelalters, die handelnden Akteure, die Forschungsschwerpunkte und interdisziplinäre Ansätze gegeben. Ein Fokus liegt auf Untersuchungen an Burgen, Klöstern und Kirchen, dem Bestattungswesen sowie der Stadtarchäologie. Auch die ländlichen Siedlungen sowie der Wurten- und Deichbau und das Verkehrswesen werden behandelt. In einem Ausblick werden Forschungsdesiderate und -perspektiven aufgezeigt. Die digitale Ausgabe des Artikels kann hier eingesehen werden.
Das Stader Jahrbuch 2015 ist unter dem Titel „Der Elbe-Weser-Raum im Mittelalter“ im Selbstverlag des Stader Geschichts- und Heimatverein erschienen und wurde am 15. März 2016 im Niedersächsischen Landesarchiv, Standort Stade, feierlich vorgestellt. Es zählt 368 Seiten, umfasst neun Aufsätze, darunter ein Beitrag zu "Forschungen an den Schulen", enthält zahlreiche Rezensionen und kostet 15 Euro. Erhältlich ist es in allen Buchhandlungen; ISSN 0930-8946.
Am 9. und 10. Oktober 2015 fand auf Einladung von Daniel Nösler von der Archäologischen Denkmalpflege des Landkreises Stade das Marschenrats-Juniorkolloquium im Schloss Agathenburg statt. 21 Nachwuchswissenschaftler aus Baden-Württemberg, Berlin, Niedersachsen und Schleswig-Holstein kamen zusammen, um sich zu aktuellen Forschungen zum Thema „Archäometallurgische Aspekte und Analysemöglichkeiten bei der Auswertung kaiserzeitlicher und völkerwanderungszeitlicher Siedlungen“ auszutauschen. Das Kolloquium wurde von Ivonne Baier und Jan Bock (beide Georg-August-Universität Göttingen) organisiert.
Es wurden neun Referate gehalten, die von den Teilnehmern angeregt diskutiert wurden. Die Kurzzusammenfassungen der Vorträge des Juniorkolloquiums sind in den kürzlich erschienenen Nachrichten des Marschenrates 2015 nachzulesen:
IRIS AUFDERHAAR: Werkplätze der Edel- und Buntmetallverarbeitung. Aufbau – Ausstattung – Archäologischer Befund
JAN BOCK: Metallgewinnung und -verarbeitung in Groß Meckelsen
SARYN SCHLOTFELDT: Neue interdisziplinäre Forschungen am kaiser- bis völkerwanderungszeitlichen Ufermarkt Elsfleth-Hogenkamp, Ldkr. Wesermarsch
DANIEL DÜBNER: Flögeln, Loxstedt, Feddersen Wierde. Metallfunde aus großen Siedlungs-Altgrabungen im Vergleich
BENTE SVEN MAJCHCZACK: Grubenhaussiedlung und Handelsplatz? Tinnum auf Sylt in Völkerwanderungszeit und Frühmittelalter
ULF ARNE SCHMIDT: Eine kaiserzeitliche Siedlung mit Eisenverhüttung in Westerholz, Ldkr. Rotenburg (Wümme)
KARL JOHANN OFFERMANN: Eisenzeitliche Muschelhaufen am Windebyer Noor – Eine Neubewertung
DANIEL NÖSLER: Methodik und Ergebnisse von Detektorprospektionen auf Siedlungen der Römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit im Landkreis Stade