In der Sammlung von Kurt Thomsen aus Gräpel, die kürzlich durch die Archäologische Denkmalpflege des Landkreises Stade wissenschaftlich bearbeitet wurde, befindet sich dieser exotische Fund, der mutmaßlich eine sehr weite Reise hinter sich gebracht hat. Die Pfeilspitze wurde von ihm in den 1980er Jahren am westlichen Osteufer im Baggergut, das aus dem Bereich des alten Gräpeler Ostehafens stammt, geborgen.
Sowohl die Form der Pfeilspitze als auch das Rohmaterial des Stückes verweisen auf eine ausländische Herkunft: Der rötlich gebänderte graue Feuerstein kommt in Norddeutschland nicht vor. Das Projektil hat im unteren Bereich zwei seitliche Einkerbungen und eine konkave Basis. Damit entspricht das Objekt typologisch den sogenannten „Side Notched Points“, die insbesondere im Mittleren Westen der USA in großer Zahl vorkommen, überwiegend in die Zeit um 3000–1500 v. Chr. datieren und von indianischen Stämmen benutzt wurden. Die Pfeilspitze ist 5,5 cm lang, 2,7 cm breit, 1,2 cm dick und hat ein Gewicht von 12 g. Das Stück weist kleinere Beschädigungen an der Spitze und an einem Flügel auf.
Die Möglichkeiten, wie das Stück zufällig oder absichtlich in die Oste am Gräpeler Hafen gelangt ist, sind vielfältig: Es kann als Souvenir von USA-Reisenden, Söldnern der frühen Neuzeit oder rückgekehrten Auswanderern mitgebracht worden, über den Antiquitätenhandel erworben worden oder ein Teil einer Altertümersammlung gewesen sein. So hat beispielsweise auch der Stader Geschichts- und Heimatverein vor dem Zweiten Weltkrieg eine Kollektion nordamerikanischer Pfeilspitzen in seine Sammlung aufgenommen. In Europa werden in Privatsammlungen oder als Bodenfunde immer wieder Objekte registriert, die eindeutig aus Nordamerika kommen (SCHREG 2013; SPECK 1988; BERAN/RÖSSLER 1990). Vergleichbare Stücke stammen dabei auch aus dem Elbe-Weser-Gebiet (STRAHL 1990, 267f.) sowie aus Niedersachsen allgemein (COSACK 2000) und belegen damit, wie viele exotische Artefakte in die heimischen Sammlungen gelangen können.