Ausgrabung Aktuell

Der Archäo-Blog für die Region rund um Stade. Hier erfahren Sie stets, was es für Neuigkeiten rund um das Thema Archäologie gibt. Stadt- und Kreisarchäologie berichten gemeinsam mit dem Museum über neue Forschungen, Funde und aktuelle Ausgrabungen.

Ausgrabung | Zeitstufen: Völkerwanderungszeit / Mittelalter / Neuzeit | Daniel Nösler | 09.11.2020 Landkreis Stade

Die "Rote Lena" - Ausgrabung der Richtstätte von Harsefeld

Für uns heute kaum noch vorstellbar: Vor nur wenig mehr als 150 Jahren fanden auch in unserer Region noch öffentliche Hinrichtungen statt. Das letzte Schauspiel des Schreckens im Amt Harsefeld fand am 31. Oktober 1842 statt. Mit dem Schwert hingerichtet wurde hier auf einem markanten Hügel die verurteilte Giftmörderin Anna Marlena Princk. Sie hatte zusammen mit ihrem jüngeren Geliebten ihren Ehemann mit Arsenik ermordet. Bis zu ihrer Hinrichtung musste die "Rote Lena" genannte Delinquentin drei Jahre im feuchten Kerker von Harsefeld einsitzen, von dem der Grundriss noch heute im Klosterpark sichtbar ist.

Öffentliche Hinrichtungen dienten der Abschreckung und waren gleichzeitig ein makabres Spektakel, das wie im Falle der "Roten Lena" Tausende Schaulustige anlocken konnte. In die Inszenierung eingebunden waren die Harsefelder Schulkinder, die vor und während der Hinrichtung fromme Lieder zu singen hatten.

Da im Umfeld Harsefelds keine Richtstätte mehr existierte, musste ein neuer Richthügel aufgeschüttet werden. Auf seinem Plateau wurde der Richtstuhl platziert, auf dem die Verurteilte festgeschnallt war. Nachdem der Scharfrichter sein tödliches Werk vollendet hatte, wurde der Leichnam direkt neben der Richtstätte bestattet. Nur wenige Jahre später wurde der Hügel eingeebnet und das Gelände in Ackerland umgewandelt.

Erst nach jahrelanger Detektivarbeit ist es gelungen, den Platz wieder zu entdecken. Da er durch die landwirtschaftliche Nutzung stark gefährdet war, führte die Kreisarchäologie im Oktober 2020 dort eine Ausgrabung durch. Bereits unterhalb der Ackerkrume zeichneten sich die Umrisse der Grabgrube ab. Überraschend war die doppelte Steinlage, die über dem Sarg platziert war. Ein großer Stein lag sogar unmittelbar auf dem Sargdeckel. Warum, zeigte sich unmittelbar beim Öffnen des Grabes: Er befand sich direkt über dem abgeschlagenen Schädel, den man nach der Hinrichtung kopfüber neben die Füße geworfen hatte. Offenbar spielte hier die vielfach überlieferte Furcht vor Wiedergängern eine große Rolle. Dieser Aberglaube blühte insbesondere an unheimlichen Orten wie den Richtplätzen, an denen die nicht in geweihter Erde bestatteten Toten angeblich keinen Frieden finden konnten.

Ein Filmteam von ZDF-History hat die Ausgrabung begleitet. Unsere Forschungen werden im Laufe des Jahres 2021 im ZDF und später auf Phoenix sowie ZDFinfo zu sehen sein. Berichte über die Grabung sind außerdem in der Hamburger Morgenpost, dem Stader Tageblatt, P.M. History und BILD zu finden.

Forschung | Zeitstufen: | Daniel Nösler | 06.11.2020 Landkreis Stade

Denkmalatlas Niedersachsen

Im Boden des Landkreises Stade ist ein außerordentlich reiches Erbe aus allen Epochen der Menschheitsgeschichte verborgen. Hiervon zeugen mehr als 8.700 Bodendenkmale von der Altsteinzeit bis zur Gegenwart. Darunter sind etwa 2.000 Relikte, die auch an der Oberfläche sichtbar sind. Hierzu gehören beispielsweise die neolithischen Großsteingräber, Grabhügel aus vielen Epochen sowie mittelalterliche Burgen, Wurten und Deiche. Diese besonderen Denkmale sind in der Niedersächsischen Denkmalkartei verzeichnet und genießen einen besonderen Schutz.

Seit Beginn des Jahres 2020 führt das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege als Teil des Masterplans Digitalisierung des Landes Niedersachsen das Projekt Denkmalatlas Niedersachsen durch. Im Rahmen dieses Vorhabens werden derzeit in Kooperation mit der Stader Kreisarchäologie sowie den Stadtarchäologien Stades und Buxtehudes auch die Bodendenkmale des Landkreises Stade evaluiert. Hierzu werden alle in den Archiven verfügbaren Informationen herangezogen sowie Karten, Luftbilder und Laserscandaten ausgewertet. Ein wichtiger Schwerpunkt bildet die Geländetätigkeit. Häufig sind die teiltweise tief in Wäldern verborgenen Denkmäler seit Jahrzehnten nicht mehr aufgesucht worden. Sie werden neu fotografiert, vermessen und beschrieben. Die bei diesem Projekt gewonnenen Informationen fließen sowohl in die Ortsaktenarchive vor Ort als auch in die niedersächsische Fachdatenbank ADABweb ein.

Nach Abschluss des Projektes werden sowohl die Bodendenkmale als auch die Baudenkmale über die Webseite des Denkmalatlas Niedersachsen abrufbar sein. Mit der zeitgemäßen Veröffentlichung unseres kulturellen Erbes, ist es für jedermann möglich, sich über die spannende Vergangenheit zu informieren. Daneben wird dadurch auch Planern, Behörden oder Forschungseinrichtungen der Zugang zu den Denkmalinformationen ermöglicht.

Die Bearbeitung und vollständige Veröffentlichung der Denkmale wird erst in einigen Jahren abgeschlossen sein können. Bis dahin sind die eindrucksvollsten archäologischen Stätten auch weiterhin in unserem Portal Denkmale entdecken zu erkunden.